Gebt nicht auf!
Spotlight: Laura Kövesi war als oberste Korruptions-Staatsanwältin Rumäniens lange die Zielscheibe der Politik. Ein umgefärbtes Verfassungsgericht verfügte nun ihre Entlassung.
Am 9. Juli 2018 war es dann soweit, die Chefin der Antikorruptionsbehörde (DNA), Laura Kövesi, wurde nach einem Urteil des regierungsnahen Verfassungsgerichts entlassen. In einer bis dahin ungeahnten Dimension hatte die Staatsanwältin fünf Jahre lang die Politik ins Visier genommen. Kövesi ließ gegen Regierungsmitglieder, Premierminister, Abgeordnete und Beamte ermitteln, deckte jährlich Schmiergeldzahlungen in der Höhe vieler Hundert Millionen Euro auf.
Bei der Bevölkerung war sie äußerst beliebt, gab den Menschen das Vertrauen zurück, dass der von Korruption geschüttelte Staat doch kein Selbstbedienungsladen sei. Und dass in Rumänien, dem zweitärmsten Staat der EU, Korruption kein natürlicher Teil des Verwaltungsapparats ist.
Es war ein eigener Kampf, den auch die Zivilgesellschaft gegen die Politik führte, als sie wochenlang auf dem Victory Square demonstrierte, um gegen die lange schon von Politikern vorbereitete Entlassung Kövesis zu protestieren. Es war schließlich der Vorsitzende der SDP, einer Sammelpartei der ehemaligen Nomenklatura, Liviu Dragnea, der gegen Kövesi klagte und bis zum Verfassungsgericht ging.
Staatspräsident Klaus Johannis hatte seine Unterschrift verweigert und erst nach Monaten dem Druck der Regierung nachgegeben. Dann war es soweit, der politische Einfluss auf die Justiz, die bröckelnde Gewaltenteilung, ist dabei nicht zu übersehen. Es war ein Revanchefoul Dragneas. Kövesi hatte gegen ihn ermitteln lassen, Dragnea wurde vorgeworfen, sich bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen in großem Stil bereichert zu haben, dafür Urkunden gefälscht zu haben. Ermittelt wurde auch wegen Wahlmanipulationen und anderem mehr. Die Verfahren laufen, dem vorbestraften Politiker kosteten sie eine Kandidatur als Premierminister.
Kampf gegen Windmühlen
Mittlerweile läuft, ähnlich wie in Ungarn und Polen, eine so genannte Justizreform. Einspruchsfristen wurden verkürzt, das Personal des Verfassungsgerichts teils ausgetauscht, freundlich gesonnene Staatsanwälte bestellt, das Gesetz zur Korruptionsbekämpfung gelockert. Gegen Maßnahmen wie diese erwies sich Laura Kövesi als unbestechliche Kraft. Die ehemalige Profi-Basketballspielerin Kövesi, 1973 im transilvanischen Sfântu Gheorghe geboren, hatte sich schon früh dem Thema gewidmet. Die Tochter eines Staatsanwaltes studierte Jus und schrieb bereits ihre Dissertation über organisierte Kriminalität. Im Jahr 2016 brachte die Arbeit ihrer Antikorruptionsbehörde 660 Millionen Euro an veruntreuten Geldern ein. Das Finanzministerium sei aber ausgesprochen lax bei der Eintreibung dieser Gelder, sagte Kövesi in einem Interview. Nur 10 Prozent dieser Summe würden eingefordert, während Verurteilte nach ihrer Haft in ihre Luxuskarossen steigen und in ihre Luxusanwesen zurückkehren würden. Statt dessen fuhren Politiker Verleumdungskampagnen gegen Kövesi und andere StaatsanwältInnen.
Man warf ihr vor, das Image Rumäniens in Interviews mit ausländischen Medien zu beschmutzen. Der frühere Premierminister Rumäniens, Victor Ponta, verunglimpfte Kövesi als “unprofessionell” und “geltungssüchtig”. Ponta stand selbst unter Korruptionsverdacht, die Behörde ermittelte wegen Steuerhinterziehung, hochdotierten Beraterverträgen für staatliche Unternehmen, Fälschungen und Geldwäsche.
Nach öffentlichen Protesten trat er im Mai 2015 als Premier zurück. Das Verfahren gegen ihn endete im Mai 2018 mit einem Freispruch. Nicht wenige sehen darin einen Beleg für die längst verwischten Grenzen der Gewaltentrennung, zwischen Exekutive und Justiz. Und Kövesis Arbeit wirkte einmal mehr wie der Kampf gegen Windmühlen. Kövesi, die selbst äußerst aktiv war und auch mit NGOs kooperierte, um in der Bevölkerung ein Bewusstsein gegen Korruption zu schaffen, quittierte ihre Entlassung unbeirrt: „Korruption kann besiegt werden, gebt ja nicht auf!“, teilte sie der Öffentlichkeit mit. Ihre Abberufung sei vielmehr der Beweis, dafür, dass die Politiker Schutz vor dem suchen, was sie getan haben, tun oder zu tun gedenken. (red)
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