
HerausgeberInnen, prove me wrong!
Muhamed Beganovic schreibt auf Facebook, er sei mutmaßlich der erste „Muhamed“, der in Österreich Chefredakteur wurde. Wir haben nachgefragt. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Interview: Gunnar Landsgesell
Du schreibst auf Facebook, dass du der erste „Mohamed“ bist, der in einem nicht von MuslimInnen gegründeten Printmedium in Österreich Chefredakteur wurde. Wie das?
Ein ehemaliger Chefredakteur einer Qualitätszeitung hat mir einmal gesagt, dass er zu wenig Bildungs- und Integrationspotenzial bei den MuslimInnen ortet. Er ist sicher nicht der Einzige, der so denkt. MuslimInnen wird oft Kompetenz abgesprochen – im Journalismus wird mit fehlender Objektivität argumentiert – deshalb findet man so wenige in Führungspositionen.
Bist du ein „Systemfehler“?
Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass die Branche als Ganzes rassistisch ist – auch mir haben ganz viele Menschen eine Chance gegeben. Ich bemerke auch, dass immer mehr JournalistInnen mit muslimischem Hintergrund die Chance bekommen, für gängige Medien in Österreich zu schreiben. Das stimmt mich freudig. Es gibt auch ein paar MuslimInnen in Führungspositionen, man denke an Amar Rajković, Vize-Chefredakteur des Biber-Magazins. Aber als Branche sind wir noch nicht so weit, um einem/einer MuslimIn die Chefredaktion einer Tageszeitung zu überlassen. HerausgeberInnen, prove me wrong!
Wie bist du zum Journalismus gekommen? War das ein Berufsziel?
Ich habe Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Journalismus war überhaupt nicht auf meinem Radar. Meine Schwester hat mich 2010 überredet, mich für Praktika bei Presse, Standard und Biber zu bewerben. Bei Presse und Biber habe ich die Basics gelernt, und auch, dass ich den Journalismus mag. Danach habe ich jedes Medium, das ich gut fand, angeschrieben, und für die Mehrzahl davon durfte ich auch schreiben.
Woran liegt die mangelnde Durchlässigkeit? Fehlen die Vorbilder?
Es wird an Schulen generell zu wenig Medienkompetenz gelehrt, dabei ist Journalismus bekanntlich die vierte Gewalt. Bei jungen Leuten ist das Interesse an Medien dadurch nur mäßig vorhanden. Zudem haben wir in Österreich Redaktionen, die kaum die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln, weswegen es auch an Vorbildern mangelt.
Nun hast du eine eigene Zeitschrift gegründet. Warum?
Qamar ist ein muslimisches Magazin für Gesellschaft und Kultur. Ich glaube, dass es eine solche Zeitschrift braucht, da die Berichterstattung über MuslimInnen nach wie vor einseitig und oft nur reaktiv ist. Ich möchte mit MuslimInnen über Ängste, Probleme, Erfolge, Kunst, Familie, Vorbilder, Sport und sonst alles, was sie beschäftigt, reden.
Ich glaube, dass es auch bei NichtmuslimInnen ein Interesse für solche Geschichten gibt. Qamar ist keine religiöse Zeitschrift, weswegen sie gut bei uns aufgehoben wären. Ich sehe Qamar aber auch als Plattform für junge AutorInnen, FotografInnen und IllustratorInnen. Ich will also Chancen bieten.
Muhamed Beganović arbeitet seit 2017 für das Logistik-Fachmagazin Verkehr, wo er als Chef vom Dienst begann. Er wurde in Nordmazedonien geboren und lebt seit 2004 mit seinen Eltern in Österreich. Er schreibt u.a. für MO – Magazin für Menschenrechte.
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