Meine Zukunft in Österreich - Sara: "Love Yourself!"
Nur mit Musik schaffte es Sara nach ihrer Flucht aus Syrien selbstbewusst und lebensfroh zu bleiben. Heute besucht die 17-Jährige das Musikgymnasium in Scheibbs und spricht im Mostviertler Dialekt über ihr Ankommen in Österreich und bei sich selbst.
Redaktion: Marlene Radl, Foto: Karin Wasner
„Das erste Wort, das ich auf Deutsch kannte, war das Wort Ausländerin. Ich konnte die Sprache nicht, habe aber immer und immer wieder dieses Wort gehört. In der ersten Schule haben meine Klassenkollegen andauernd so zu mir gesagt und ich wusste, es meint irgendetwas Gemeines.
Einmal habe ich dann meinen Vater gefragt, der schon länger in Österreich war und deshalb besser Deutsch konnte, was dieses Wort eigentlich heißt. Er hat es mir erklärt. Ich fühlte mich dann wirklich schlecht und allein. Das war vor etwa dreieinhalb Jahren, da bin ich gerade mit meiner Familie von Syrien nach Niederösterreich gekommen.
K-Pop als Rettung
In derselben Zeit habe ich angefangen K-Pop zu hören. Das ist koreanische Popmusik mit Rap- und Elektro-Elementen und ich kann gar nicht sagen, wie wichtig diese Musik für mich war. K-Pop hat mich durch die schwierige Zeit des Ankommens in Österreich begleitet und mir sehr geholfen mich hier zurechtzufinden. Ich liebe die Messages, die die Musik transportiert. In den Texten heißt es: „Love yourself!“ Das hat mir extrem viel Kraft und Energie gegeben. Ich habe mir damals gedacht: Ok, dann habe ich eben keine Freunde und Freundinnen mehr, ich brauche sie nicht. Ich brauch gerade nur mich selbst und die Musik. Auch das Gefühl, dass ich mich selbst mag und ich an mich selbst glaube, habe ich durch die Songs bekommen. Das war voll schön für mich, denn die Musik konnte mir niemand wegnehmen.
Mein Vater ist Musiklehrer auch deshalb war Musik wohl immer schon wichtig für mein Leben. Ich wurde so krass zum K-Pop Fan, dass ich sogar begonnen habe, koreanisch zu lernen. In der Schule lernte ich Deutsch und nachmittags zu Hause brachte ich mir selbst via Youtube koreanisch bei. Das war auch etwas verrückt, aber heute spreche ich Arabisch, Deutsch, Englisch und Koreanisch und bin ziemlich stolz auf mich.
Tanzen in Korea
Ich gehe jetzt in das Musikgymnasium in Scheibbs, wo ich Klavier und Gitarre sogar als Hauptfach habe. Es in dieses Gymnasium zu schaffen, war ein erster kleiner Traum, den ich erreicht habe. Auf einmal bin ich mit der ganzen Klasse befreundet. Viele finden jetzt sogar mein Kopftuch cool.
Später einmal will ich K-Pop Coversongs produzieren, um auch anderen Menschen mit meiner Musik Hoffnung und Kraft zu geben. Und mein allergrößter Traum wäre es natürlich irgendwann nach Korea zu reisen und dort auf so vielen K-Pop Konzerten wie möglich zu tanzen.“
In der neunteiligen Porträtreihe "Meine Zukunft in Österreich" holt SOS Mitmensch junge Frauen, die nach Österreich flüchten mussten, vor den Vorhang. Ihre Geschichten geben Einblick in die Herausforderungen, die sie meistern müssen und verraten, was ihnen beim Ankommen in einem neuen Land geholfen hat. Damit will SOS Mitmensch die Perspektiven geflüchteter Mädchen und junger Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung stärken. Infos und Kontakte zur freiwilligen Geflüchtetenhilfe finden Sie hier.
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