Meine Lehre in Österreich - Maryam Bashash: „Der Kontakt mit den Kunden gefällt mir am meisten“
Die 27-jährige Maryam Bashash flüchtete vor bald fünf Jahren mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern aus dem Iran nach Österreich. Nachdem sie sehr lange auf ihren positiven Bescheid warten musste, konnte sie letztes Jahr endlich ihre Lehre als Einzelhandelskauffrau in Klagenfurt beginnen und fühlt sich dort sehr wohl.
Redaktion: Sonja Kittel, Foto: Caroline Knauder
„Flüchten ist nicht leicht“
„Ich bin seit Ende 2016 in Österreich. Gemeinsam mit meiner Mutter und meinen zwei Geschwistern bin ich aus dem Iran hierher geflüchtet. Es hat zwei Jahre gedauert bis wir unseren positiven Aufenthaltstitel bekommen haben, dann konnten wir auch meinen Vater durch die Familienzusammenführung nachholen. Flüchten ist nicht leicht, aber wir waren von Anfang an in Klagenfurt und ich liebe diese Stadt. Ich habe mich gleich wirklich gut gefühlt hier und tue das immer noch. Dabei hat mir auch meine Lehre geholfen.
„Ich liebe diesen Job“
Nachdem ich meinen positiven Bescheid hatte, habe ich mir eine eigene Wohnung gesucht. Seit September mache ich eine Lehre als Einzelhandelskauffrau bei Ikea in Klagenfurt. Dadurch fühle ich mich noch besser integriert in die Stadt. Eigentlich wollte ich eine Lehre als Bürokauffrau machen, aber ich habe dort keine Chance bekommen. Ich habe mich dann im Einzelhandel beworben und es hat geklappt. Jetzt liebe ich diesen Job und ich bin sehr froh, dass sich alles so ergeben hat.
Kontakt mit den Kunden
Meine täglichen Aufgaben sind, wie bei jeder Verkäuferin, Kunden beraten, Preise kontrollieren, Preislappen drucken, Musterstücke arrangieren. Der Kontakt mit den Kunden gefällt mir am meisten. Sie fragen mich etwas und ich lerne bei jedem Gespräch auch selbst etwas dazu. Das ist sehr schön. Als ich die Lehre begonnen habe, war gerade der zweite Lockdown. Wir hatten zum Glück offen und haben Click&Collect für unsere Kunden angeboten.
„Möchte mich bei meiner Beraterin bedanken“
Das Projekt A:life von der Diakonie hat mir auf dem Weg zur Lehrstelle sehr geholfen. Dort habe ich den B2 Deutschkurs gemacht und bestanden. Und ich wurde dabei unterstützt, mich bei verschiedenen Firmen in unterschiedlichen Bereichen zu bewerben. Ich möchte mich wirklich bei meiner Beraterin dort bedanken. Bei ihr und bei unserer Personalabteilung, weil sie mir die Chance zur Lehre gegeben haben. Nach dem Sommer fange ich mein zweites Lehrjahr an. Ich will meine Lehre gut abschließen und dann gerne in meinem Betrieb weiterarbeiten. Die Arbeitsatmosphäre ist wirklich perfekt.
„Distance Learning hat mich gestört“
Wegen Corona waren meine Freizeitaktivitäten in der letzten Zeit beschränkt. Ich habe Kontakt über Soziale Medien gehalten. Das Gute daran war, dass ich mich so mehr auf meine Aufgaben und mein Deutsch lernen konzentrieren konnte. Ich lese gerne Bücher auf Deutsch, auch wenn es sehr schwierig ist. Was mich an Corona wirklich gestört hat, war das Distance Learning in der Berufsschule. Das war schon schwierig, weil das Lernen in der Schule einfach besser geht als zuhause. Gott sei Dank beginnt der Präsenzunterricht jetzt wieder.
„Die Lehre ist für mich die beste Möglichkeit“
Wir bekommen in der Berufsschule alle Kenntnisse, die wir in der Arbeit brauchen. Wir haben Mathematik, Deutsch und politische Bildung. Dort lernen wir Arbeits- und Sozialrecht. Wir lernen auch alles über den Kundenkontakt von der Kontaktaufnahme über die Beratung bis zur Produktpräsentation. Gerade das ist wichtig in der Schule zu üben und nicht nur von zuhause aus. Ich denke studieren ist gut, aber ich finde die Lehre perfekt, weil man neben dem Lernen auch Berufspraxis hat. Für mich ist es ist die beste Möglichkeit und ich kann es auch anderen nur empfehlen.
„Es gab schwere Zeiten, aber ich habe es geschafft“
Wenn man ein klares Ziel hat, muss man alles dafür tun und nie vom Weg abkommen. Wenn man durchhält, kommt die Zeit an der man es erreicht. Es gab auch für mich schwere Zeiten, aber ich habe es geschafft. Was ich auch für sehr wichtig halte ist die Sprache. Ich glaube, je besser man die Sprache spricht, desto besser sind die Chancen sich zu integrieren und einen Job oder eine Ausbildung zu finden.“
Sie sind vor Krieg und Gewalt geflüchtet und haben in Österreich ein neues Leben begonnen. In der 9-teiligen Porträtreihe „Meine Lehre in Österreich“ erzählen junge Frauen und Männer, wie sie nach ihrer Flucht ihre Lehrstelle gefunden haben und wie sie ihre Ausbildung erleben. Ihre Geschichten zeigen die Hürden und Probleme, mit denen Geflüchtete nach ihrer Ankunft konfrontiert werden. Es sind aber auch Erfolgsgeschichten von genutzten Chancen, Freundschaft und Menschlichkeit. Wenn Sie Geflüchtete ehrenamtlich unterstützen wollen, finden Sie hier Infos und Kontakte.
SOS Mitmensch kämpft weiter für den Zugang zu Lehre und Arbeit für Asylsuchende und für ein Ende der Abschiebung von Menschen, die sich in Österreich ein neues Leben aufgebaut haben!
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