Niedrige Einkommen und teures Wohnen?
Die Armutskonferenz fordert eine Wohnbau-Offensive: 25.000 leistbare Wohnungen und eine flächendeckende Delogierungsprävention. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte.
Die Wohnungsnot in Österreich kann nicht mehr ignoriert werden. „Niedrige Einkommen und teures Wohnen, das passt nicht zusammen“, appelliert das Netzwerk Armutskonferenz an die politisch Verantwortlichen, wirksame Maßnahmen für gutes und leistbares Wohnen zu treffen. Die Armutskonferenz schlägt fünf Punkte für leistbares Wohnen vor:
- Investitionen in den sozialen Wohnbau, in vielen Teilen Österreichs gibt es Aufholbedarf. Auch die Flächenwidmung muss mithelfen, günstigen Boden für sozialen Wohnbau zur Verfügung zu stellen.
- 25.000 leistbare, dauerhafte und inklusive Wohnungen aus dem Bestand. Das kann die Obdachlosigkeit in Österreich abschaffen.
- Delogierungsprävention flächendeckend ausbauen. Wohnungssicherung ist die bessere Alternative zur Straße.
- Eine neue Mindestsicherung statt der schlechten „Sozialhilfe“.
- Soziale Menschenrechte, das Recht auf Wohnen, soll die Verfassung vervollständigen. Den Grundrechtekatalog zu erweitern, steht auch im Regierungsprogramm.
Existenzsicherung
Es braucht Löhne und Sozialleistungen in armutsfester Höhe. Die untersten Einkommensbezieher*innen haben in den 20 Jahren von 1997 bis 2017 über 16 Prozent ihres Netto-Einkommens verloren. Das wirkt sich natürlich massiv auf die daran gekoppelte Höhe von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe aus. Jegliche Kürzungen würden hier mittelfristig zu mehr Wohnungslosigkeit führen. Und jede Steuerreform muss in erster Linie die untersten Einkommenssegmente entlasten.
Wohnungssicherung
Die ersten Anlaufstellen für Menschen mit Geldsorgen sind oft die (Sozial)Beratungsstellen der Sozialeinrichtungen. Seit Beginn der Pandemie kommen immer mehr Menschen mit Miet- und Energierückständen. In diesen Stellen könnten Sozialarbeiter*innen Wohnungen sichern, wenn diese Stellen entsprechend ausgestattet würden. Schnelle Hilfestellungen könnten Verfestigungen von Armutslagen abwenden. Vielfach könnte der verdeckten Wohnungslosigkeit, von der besonders Frauen betroffen sind, entgegengewirkt werden.
Delogierungsprävention
Wenn die Räumungsklage da ist braucht es spezialisierte Hilfeleistung. Eigene Fachstellen mit entsprechend ausgebildeten Sozialarbeiter*innen bieten Beratung, Begleitung und unterstützen bei der Übernahme von Rückständen durch die öffentliche Hand. Dieses Netz muss österreichweit ausgebaut werden. Ein erster wichtiger Schritt dazu sind die von Ex-Bundesminister Mückstein zugesagten 24 Millionen Euro.
Wohnungslosenhilfe
Wenn es dennoch zum Wohnungsverlust kommen sollte, braucht es eine rasche Wohnversorgung der betroffenen Menschen. Am nachhaltigsten und effizientesten ist für die meisten eine Wohnung mit Betreuung nach Housing First Standards. Zahlen aus Wien belegen, dass 5 Jahre nach Mietvertragsunterzeichnung 91 Prozent der Haushalte weiter in ihren Housing First Wohnungen leben. Die eigene Wohnung und ein Betreuungsangebot haben sich europaweit bewährt. Manchmal aber braucht es auch andere Wohnformen wie Wohngemeinschaften, gemeinschaftliches Wohnen mit Unterstützung vor Ort oder kurzfristig sogar niederschwellige Notschlafstellen.
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