
Reden wir über die Quote
Wir müssen 2021 die Debatte über Frauenquoten in der Medienlandschaft führen. Daran führt kein Weg vorbei. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Kolumne über Diversität: Clara Akinyosoye
Es ist einfach peinlich. Unlängst musste der Cheforganisator der Olympischen Spiele in Tokio, Yoshiro Mori, von seinem Amt zurücktreten. Der Grund? Der 83-jährige Ex-Regierungschef hatte bei einer Onlinevorstandssitzung des Olympischen Komitees einen Einblick in seine Gedankenwelt über Frauen gewährt und damit eine Welle von Protesten ausgelöst. Mori äußerte sich besorgt über die geplante Verdoppelung der Frauenquote in Führungsgremien der Sportverbände auf 40 Prozent. Denn Frauen würden zu viel reden, Vorstandssitzungen dadurch in Zukunft zu viel Zeit einnehmen. Er schlug vor, die Redezeit von Frauen zu beschränken. „Wenn eine von ihnen ihre Hand hebt, glauben sie wahrscheinlich, dass sie auch etwas sagen müssen. Und dann sagen alle etwas“, sagte Mori.
Nun, ja. Die Realität sieht anders aus. Zahlreiche Studien zeigen, dass Frauen in Sitzungen seltener und weniger sprechen als Männer. Eine Studie der Uni Passau, die im Frühjahr erscheint, untersuchte Geschlechterunterschiede bei einer Konferenz und kam zum Schluss, dass Männer häufiger und länger zu Wort kommen als Frauen. Männer überzogen ihre Redezeit bei Vorträgen öfter, meldeten sich häufiger zu Wort und sprachen länger – selbst, wenn im Publikum mehr Frauen saßen. Und dass Frauen öfter unterbrochen werden als Männer, lässt sich auch in TV-Diskussionen leider immer wieder aufs Neue beobachten.
Einen Mangel an Gleichstellung erleben wir in vielen Bereichen – auch in der Medienlandschaft. Darauf macht derzeit das Frauennetzwerk Medien mit der Aktion „ReframingQuotenfrau“ aufmerksam. Obwohl, wie der aktuelle Journalismus-Report vom Medienhaus Wien zeigt, mittlerweile 47 Prozent weibliche und 53 Prozent männliche Journalist*innen in den Redaktionen arbeiten, sind zwei Drittel der Leitungsfunktionen in Männerhand. Dass Männer Männer fördern und befördern ist kein Zufall. Diesem System müssen wir ein gerechteres entgegensetzen – die Quote. Das Netzwerk will die Debatte rund um Frauenquoten mit dieser Kampagne nachhaltig ändern, den Begriff der «Quotenfrau» positiv besetzen und für Frauenförderung in den Medien eintreten. Ein wichtiges Anliegen. Denn die oftmals noch auffindbaren männlichen Führungsetagen sind einfach peinlich.
Clara Akinyosoye ist Journalistin bei orf.at und Ex-Chefredakteurin von M-Media.
Unterstützen Sie jetzt unabhängigen Menschenrechtsjournalismus mit einem MO-Magazin-Solidaritäts-Abo