
Vergewaltigung und sexuelle Belästigung in Österreich und Wien: Fakten zur Kriminalität
Wie haben sich die Anzeigen in den Bereichen Vergewaltigung und sexuelle Belästigung in den letzten 10-14 Jahren in Österreich und der Bundeshauptstadt Wien entwickelt? SOS Mitmensch hat sich dazu die Zahlen des Bundesministeriums für Inneres sowie der Statistik Austria angeschaut. Im Folgenden die Fakten.
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Strafbare Handlungen gegen sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (§201-219 StGB): Anzeigen in Österreich und Wien sowie Verurteilungen in Österreich in den Jahren 2002-2015
Die Anzahl der verurteilten Personen aufgrund von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbsbestimmung ist in den vergangenen 14 Jahren in Österreich relativ konstant geblieben, mit dem niedrigsten Wert im Jahr 2014 mit 521 Verurteilungen. Bei den Anzeigen kam es demgegenüber ab dem Jahr 2002 zu einem deutlichen Anstieg in Österreich mit einem Höchstwert von 4.789 Anzeigen im Jahr 2012. Danach sank die Anzahl der Anzeigen auf 4.163 im Jahr 2015. In Wien wurde ein Anzeigenhöchststand im Jahr 2011 mit 1.383 Anzeigen erreicht. Danach kam es zu einem Rückgang. Im Jahr 2015 wurden in Wien 1.224 Anzeigen registriert.
Opfer-Täter-Verhältnis bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (§201- 219 StGB) in den Jahren 2006-2015
In den Jahren 2006 bis 2015 waren Opfer und TäterInnen in 26,3-35,1% der Anzeigen wegen strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbsbestimmung Verwandte, in 40,3-46,6% der Fälle Bekannte, in 9,9-18% der Fälle Zufallsbekanntschaften und in 7,1-12,1% der Fälle nicht miteinander bekannt.
Fakten zu den Opfern von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung
Im Jahr 2015 wurden in Österreich 2.041 Menschen als Opfer von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung registriert. Die Betroffenen waren zu 88% Mädchen oder Frauen und zu 12% Burschen oder Männer. Von den Betroffenen hatten 78% die österreichische Staatsbürgerschaft und 22% keine österreichische Staatsbürgerschaft. In 78% der Fälle gab es eine längere Verwandtschafts- oder Bekanntschaftsbeziehung zwischen Täter/Täterin und Opfer. In 11% der Fälle waren es kurzfristige Zufallsbekanntschaften. In 11% der Fälle gab es kein wie auch immer geartetes Bekanntschaftsverhältnis.
Vergewaltigungen (§201 StGB): Anzeigen in Österreich und Wien sowie Verurteilungen in Österreich in den Jahren 2006-2015
Während die Anzahl der Verurteilungen wegen Vergewaltigung in den vergangenen 10 Jahren relativ konstant blieb, kam es bei den Anzeigen in Österreich zwischen 2006 und 2011 zu einem markanten Anstieg. Im Jahr 2011 wurden 977 Anzeigen wegen Vergewaltigung registriert. Danach gab es einen Rückgang auf 826 Anzeigen im Jahr 2015. Ähnlich die Entwicklung in Wien, wo 2011 ein Höchstwert von 374 Anzeigen wegen Vergewaltigung von den Behörden registriert wurde. Bis zum Jahr 2015 sank dieser Wert auf 316 Anzeigen.
Tatverdächtige in Österreich bei Vergewaltigungen (§201 StGB) in den Jahren 2006-2015
Die Anzahl der Tatverdächtigen wegen Vergewaltigung schwankte in Österreich in den vergangenen zehn Jahren zwischen 575 und 765, mit den tiefsten Werten in den Jahren 2006, 2007 und 2008 und den höchsten Werten in den Jahren 2011 und 2010. Von den Tatverdächtigen hatten zwischen 33% und 41% keine österreichische Staatsbürgerschaft und wurden damit in der Statistik als "Fremde" verzeichnet. Die Statistik gibt allerdings weder für österreichische StaatsbürgerInnen noch für Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft Aufschluss darüber, ob es sich bei den Tatverdächtigen um in Österreich lebende Personen handelt oder um Personen, die sich nur kurzfristig in Österreich aufgehalten haben (TouristInnen, PendlerInnen, Durchreisende, sonstige BesucherInnen). So haben sich in Österreich im Jahr 2015 laut Statistik Austria allein fast 27 Millionen aus dem Ausland kommende TouristInnen aufgehalten.
Tatverdächtige in Wien bei Vergewaltigungen (§201 StGB) in den Jahren 2006-2015
In Wien schwankte die Anzahl der Tatverdächtigen wegen Vergewaltigung in den vergangenen zehn Jahren zwischen 187 und 253, mit den tiefsten Werten in den Jahren 2007 und 2008 und den höchsten Werten in den Jahren 2011 und 2014. Von den Tatverdächtigen hatten zwischen 41% und 53% keine österreichische Staatsbürgerschaft und wurden damit in der Statistik als "Fremde" verzeichnet. Die Statistik gibt allerdings weder für österreichische StaatsbürgerInnen noch für Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft Aufschluss darüber, ob es sich bei den Tatverdächtigen um in Österreich/Wien lebende Personen handelt oder um Personen, die sich nur kurzfristig in Österreich/Wien aufgehalten haben (TouristInnen, PendlerInnen, Durchreisende, sonstige BesucherInnen). So haben sich in Wien im Jahr 2015 laut Statistik Austria allein über 14 Millionen TouristInnen aus dem In- und Ausland aufgehalten.
Opfer-Täter-Verhältnis bei Vergewaltigungen (§201 StGB) in den Jahren 2006-2015
In den Jahren 2006 bis 2015 waren Opfer und TäterInnen in 25,4-33,3% der Anzeigen wegen Vergewaltigung Verwandte, in 37-46,2% der Fälle Bekannte, in 11,6-19,5% der Fälle Zufallsbekanntschaften und in 7,9-14,1% der Fälle nicht miteinander bekannt.
Sexuelle Belästigung (§218): Anzeigen in Österreich und Wien sowie Verurteilungen in Österreich in den Jahren 2006-2015
Bei den Anzeigen wegen sexueller Belästigung kam es zwischen 2006 und 2012 sowohl in Österreich als auch in Wien zu einem markanten Anstieg. Im Jahr 2012 wurde in Österreich ein Höchststand von 1.489 Anzeigen wegen sexueller Belästigung registriert. Danach gab es einen Rückgang auf 1.228 Anzeigen im Jahr 2015. Ähnlich die Entwicklung in Wien, wo 2012 ein Höchstwert von 508 Anzeigen wegen sexueller Belästigung von den Behörden registriert wurde. Bis zum Jahr 2015 sank dieser Wert auf 421 Anzeigen. Die Anzahl der Verurteilungen wegen sexueller Belästigung stieg in Österreich von 64 im jahr 2006 auf 108 im Jahr 2014. 2015 wurden 105 Personen wegen sexueller Belästigung verurteilt.
Tatverdächtige in Österreich bei sexuellen Belästigungen (§218) in den Jahren 2006-2015
Die Anzahl der Tatverdächtigen wegen sexueller Belästigung schwankte in Österreich in den vergangenen zehn Jahren zwischen 542 und 889, mit den tiefsten Werten in den Jahren 2006 und 2007 und den höchsten Werten in den Jahren 2012 und 2014. Von den Tatverdächtigen hatten zwischen 21% und 35% keine österreichische Staatsbürgerschaft und wurden damit in der Statistik als "Fremde" verzeichnet. Die Statistik gibt allerdings weder für österreichische StaatsbürgerInnen noch für Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft Aufschluss darüber, ob es sich bei den Tatverdächtigen um in Österreich lebende Personen handelt oder um Personen, die sich nur kurzfristig in Österreich aufgehalten haben (TouristInnen, PendlerInnen, Durchreisende, sonstige BesucherInnen). So haben sich in Österreich im Jahr 2015 laut Statistik Austria allein fast 27 Millionen aus dem Ausland kommende TouristInnen aufgehalten.
Tatverdächtige in Wien bei sexuellen Belästigungen (§218) in den Jahren 2006-2015
In Wien schwankte die Anzahl der Tatverdächtigen wegen sexueller Belästigung in den vergangenen zehn Jahren zwischen 167 und 225, mit den tiefsten Werten in den Jahren 2008 und 2007 und den höchsten Werten in den Jahren 2013 und 2015. Von den Tatverdächtigen hatten zwischen 23% und 46% keine österreichische Staatsbürgerschaft und wurden damit in der Statistik als "Fremde" verzeichnet. Die Statistik gibt allerdings weder für österreichische StaatsbürgerInnen noch für Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft Aufschluss darüber, ob es sich bei den Tatverdächtigen um in Österreich/Wien lebende Personen handelt oder um Personen, die sich nur kurzfristig in Österreich/Wien aufgehalten haben (TouristInnen, PendlerInnen, Durchreisende, sonstige BesucherInnen). So haben sich in Wien im Jahr 2015 laut Statistik Austria allein über 14 Millionen TouristInnen aus dem In- und Ausland aufgehalten.
Gesamtkriminalität: Anzeigen in Österreich und Wien in den Jahren 2002-2015
Sowohl in Österreich als auch in Wien hat die Gesamtkriminalität laut Anzeigenstatistik im Jahr 2015 den tiefsten Stand seit 14 Jahren erreicht. Wurden im Jahr 2002 noch in Österreich an die 600.000 Delikte angezeigt, so sank dieser Wert im Jahr 2015 auf 500.000. In Wien wurden im Jahr 2015 erstmals in 14 Jahren weniger als 200.000 Anzeigen verzeichnet. Das ist insofern bemerkenswert als im gleichen Zeitraum sowohl die in Österreich ansässige Bevölkerung als auch die Anzahl der in Österreich temporär aufhältigen Menschen (TouristInnen, PendlerInnen, Durchreisende, sonstige BesucherInnen) deutlich wuchs. So stieg die Anzahl der aus dem Ausland kommenden TouristInnen in Österreich im Jahr 2015 auf fast 27 Millionen an. Die Aufklärungsquote lag in Österreich im Jahr 2015 bei 44%. Das ist die höchste Aufklärungsquote, die in den letzten zehn Jahren in Österreich erzielt werden konnte. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 lag die Aufklärungsquote noch bei 38,8%.
Hintergrundinfos zur Anzeigenerfassung durch das Bundeskriminalamt:
Seit 2001 einheitliche Anzeigenerfassung
Seit 2001 werden alle angezeigten Fälle nach einer einheitlichen Vorgehensweise in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) elektronisch registriert. Jede den Sicherheitsbehörden bekanntgewordene gerichtlich strafbare Handlung muss erfasst werden. Die PKS ist eine Anzeigenstatistik, Anklageerhebungen und der Ausgang der Gerichtsverfahren werden nicht erfasst. In den vergangenen Jahren habe es keine Systemänderung bei der Erstellung der Kriminalstatistik gegeben, daher seien die Zahlen der vergangenen Jahre gut miteinander vergleichbar, so das BKA.
Wie werden Delikte gezählt?
Das Bundeskriminalamt widerspricht der von der FPÖ aufgestellten Behauptung, wonach Seriendelikte generell als nur ein Delikt gezählt werden. Hier einige Zählbeispiele, die uns das BKA übermittelt hat:
Beispiele für die Mehrfacherfassung von Delikten:
- Wenn in ein Mehrfamilienhaus zehn Einbrüche in zehn verschiedene Kellerabteile verübt werden, dann handelt es sich um zehn Fälle.
- Wenn ein Reifenstecher einen oder mehrere Reifen an zwölf Fahrzeugen beschädigt, dann handelt es sich um zwölf Fälle.- Werden 25 Gelddiebstähle aus einer Schulgarderobe mit 25 verschiedenen Geschädigten angezeigt, dann handelt es sich um 25 Fälle.
Beispiele für die Einzelerfassung trotz mehrmaliger Begehung:
- Wenn zehn Gelddiebstähle aus einer Handkassa, begangen durch einen Angestellten der Firma, angezeigt werden, dann handelt es sich um einen Fall.
- Kommt es zu einer mehrmaligen Abhebung mit ein- und derselben gestohlenen Bankomatkarte, dann handelt es sich um einen Fall.
Beispiel für die Erfassung mehrerer Delikte:
- Wenn es zu einem Lokaleinbruch mit anschließender Brandstiftung zum Verwischen der Spuren kommt, handelt es sich um zwei Fälle: Einbruchsdiebstahl und Brandstiftung.
Beispiele für die Erfassung einer Straftat, die von mehreren Tatverdächtigen begangen wurde:
- Wird ein Bankraub durch drei Täter begangen, so ist ein Fall des Raubes mit allen drei Tatverdächtigen zu melden.
- Wird ein Auto durch eine organisierte Bande gestohlen, so bleibt es bei einem KFZ-Diebstahl durch mehrere Täter.
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