Wem gehört die Stadt?
Der Fotograf Julius-Christian Schreiner hat für seine Serie „Silent Agents“ Objekte im öffentlichen Raum fotografiert, die Obdachlose fern halten sollen.
50 Prozent der Weltbevölkerung leben heute in Städten, Tendenz steigend. Die damit verbundene, international zu beobachtende Entwicklung, eventuellen Nutzungskonflikten durch Gestaltung oder Umgestaltung (zum Beispiel die Installation von Barrieren oder Abwehrvorrichtungen) zu begegnen, lässt sich mittlerweile in nahezu jeder westlichen Stadt nachweisen.
Die bereits in London, Paris und Hamburg begonnene Serie „Silent Agents“ zeigt verschiedene Formen dieser Interventionen im urbanen, (vermeintlich) öffentlichen Raum. Abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten bzw. Anforderungen der verschiedenen Orte, lassen sich hierbei Unterschiede in der Zielsetzung, und damit der Ausgestaltung der entsprechenden Interventionen beobachten.
Die jeweiligen Verdrängungsprozesse sind hierbei zumeist homogen: Im Wettbewerb der Städte sollen saubere, und damit gefühlt sichere Konsumumgebungen geschaffen werden, welche sich im Endeffekt nur in ihren Ausführungen und aufgrund konkreter lokaler Faktoren unterscheiden. Dieses Muster ist ebenfalls in Innsbruck finden, wo die Serie aktuell fortgesetzt wurde.
Ähnlich dem von Bentham und Foucault beschriebenen Panoptikum werden die hier thematisierten Installationen zu sogenannten „Silent Agents“, da sie das Verhalten der Menschen ohne eine direkte Aktion der jeweiligen Autoritäten steuern.
Auf diese Weise wird das Verhalten subtiler beeinflusst, wobei die einzelnen AkteurInnen je nach sozialem, kulturellem und wirtschaftlichem Kapital es unterschiedlich stark – wenn überhaupt – wahrnehmen. Ein Beispiel wäre hier eine Wartebank im U-Bahnhof, bei der die neuerdings vorhandenen Armlehnen für die Mehrheit, erst einmal, keinen Unterschied machen, für einen Obdachlosen jedoch eine Einschränkung bedeuten. Insgesamt lässt sich beobachten, dass marginalisierte Gruppen häufiger direkt betroffen sind, wobei die von KritikerInnen als „unpleasant design“ oder „hostile architecture“ bezeichnete Entwicklung des öffentlichen Raums sich langfristig für uns alle negativ auswirken kann.
Die Arbeiten sind im Rahmen der Gruppen-
ausstellung „Inn – Situ“ vom 02.10.2018 bis 26.01.2019 in der Focus Galerie des BTV Stadtforum Innsbruck zu sehen.
www.btv-fokus.at
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