
Das freundliche Gesicht
SPOTLIGHT. Er schrieb das Bekenntnis zur "deutschen Sprach- und Kulturgemeinschaft" wieder ins FPÖ-Parteiprogramm und behauptet, George Soros würde Flüchtlingsströme nach Europa steuern. Von Norbert Hofer als neuem FPÖ-Chef ist kein Kurswechsel zu erwarten. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte.
Als Noch-Minister und designierter Parteichef der FPÖ plauderte er im Moment einer akuten Regierungskrise darüber, dass seine Tochter den Führerschein nun ohne seine Unterstützung machen müsse. Was ist das? Naiv und vorbei an der Realität oder schlauer Fuchs, der das Publikum geschickt mit Home Storys einzuwickeln versucht? Norbert Hofer ist zweifellos eine interessante Figur in der österreichischen Politik. Der Mann mit den Knopfaugen hätte als Bundespräsident gerne ausgelotet, „was alles möglich ist“. Das kann er nun als FPÖ-Chef tun. Er setzte sich gegen den Scharfmacher Kickl durch, den offenbar Teile der Partei präferiert hatten. Ausschlag für Hofer gab vielleicht dessen verbindlichere Art der Gesprächsführung. „Ich kann mit jedem“ hatte er einmal gemeint. Inhaltlich dürfte es zwischen Hofer und Kickl hingegen keine großen Differenzen geben. Der Politikberater Thomas Hofer sprach gar von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“, soll heißen, man hat es bei dem Führungsduo mit zwei Gesichtern, aber einer politischen Richtung zu tun.
Hofer ist das freundliche Gesicht der FPÖ. Als ORF-Satiriker Peter Klien ihn fragte, ob er Stermann oder Grissemann lieber möge, antwortete er, er möge beide – und grinste breit. Hofer ist aber auch Mitglied der deutschnationalen schlagenden Burschenschaft Marko-Germania Pinkafeld. Noch vor zwei Jahren posierte er für ein Werbefoto für die rechtsextreme Monatszeitschrift „Die Aula“. Das Magazin, in dem man KZ-Insassen verunglimpfte und Holocaust-Leugner lobte, wurde mittlerweile, auf Druck der Zivilgesellschaft, eingestellt. Hofer ist kein Neonazi, schrieb die Süddeutsche 2016, und er habe auch keine einschlägige Vergangenheit wie andere seiner Parteifreunde. Dennoch ließ er sich 2011 von zwei NPD-Funktionären für die rechtsextreme Postille „hier & jetzt“ interviewen. In der Ausgabe fand sich ein Gedicht, so die SZ, in dem von „tausend großen Jahren“ die Rede ist, von Odins Raben und fest geschlossenen Reihen wie im Horst Wessel-Lied. Noch nicht so lange zurück liegt die Ko-Autorenschaft Hofers am „Handbuch freiheitlicher Politik“ und am Parteiprogramm der FPÖ. Darin findet sich u.a. das Bekenntnis zur „deutschen Sprach- und Kulturgemeinschaft“. Noch unter Obmann Jörg Haider war es gestrichen worden.
Abtreibungsrecht einschränken
Die politische Einstellung des ehemaligen Stellvertreters von Heinz Christian Strache lässt sich auch daran erkennen, was er politisch ablehnt. Die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle zum Beispiel, oder das Gender Mainstreaming. Oder, dass in der Österreichischen Bundeshymne nicht nur die Söhne, sondern auch die „großen Töchter“ des Landes gewürdigt werden. Auch das Recht von Frauen auf Abtreibung hält Hofer für diskutabel. Im „Handbuch freiheitlicher Politik“ wird die Gebärmutter als „Ort mit der höchsten Sterbewahrscheinlichkeit in Österreich“ beschrieben. Hofer verlangt, dass eine verpflichtende Bedenkzeit für Frauen vor der Abtreibung vorgeschrieben wird. Geht es um den Islam, sieht sich Hofer hingegen als Verteidiger der Rechte von Frauen. Ein persönlicher Freund Hofers und sein Lieblingsmaler, „Odin“ Wiesinger, geriet hingegen just mit einer krass herabwürdigenden Äußerung gegenüber Frauen in die Öffentlichkeit. Als die oberösterreichische FPÖ den deutschnationalen Maler „Odin“ Wiesinger in den Kulturbeirat nominiert hatte, wurde ein Posting bekannt, in dem er eine Wiener Rektorin als „hässliches und dummes Stück Fleisch“ bezeichnet hatte. Hofer verteidigte Wiesinger jedoch und empfahl jedem ein persönliches Gespräch. Nach dem vorläufigen Ende als Infrastrukturminister kann Hofer sich im kommenden Wahlkampf wieder breiter positionieren. Ob der gelernte Flugzeugtechniker bereit ist, auch wieder Fakten mit Verschwörungstheorien zu vertauschen, bleibt abzuwarten. Im Oktober 2017 bediente er ein Narrativ antisemitischer Kreise und behauptete über den Milliardär George Soros, dieser würde die Flucht von Menschen nach Europa steuern. Hofer: „Soros steuert mit Sicherheit einiges auf der Welt, auch die Flüchtlingsströme. Das weiß man.“ Konzilianz ist eben nicht alles. (red)
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