Ute Bock Preis für Zivilcourage 2011 geht an 5 junge Anti-AbschiebeaktivistInnen!
SOS Mitmensch verleiht am 3. November den Ute Bock Preis für Zivilcourage 2011 in der Akademie der bildenden Künste Wien. Der Preis geht dieses Jahr an junge Menschen, die sich erfolgreich gegen Abschiebungen eingesetzt haben.
Geschichte des Preises
Der Anerkennungspreis wurde 1999 ins Leben gerufen, um das Engagement der privaten Flüchtlingshelferin Ute Bock zu würdigen. Sie war gleichzeitig erste Preisträgerin. Ihr folgten Gertrude Hennefeld, Vinzipfarrer Wolfgang Pucher, der Sozialarbeiter Bülent Öztöplu, die Plattform Gerechtigkeit für Seibane Wague, LEFÖ, Ehe ohne Grenzen, die Bleiberechtsplattform Oberösterreich sowie Elias Bierdel.
Dotierung
Der Preis ist 2011 mit 4000,- Euro dotiert, die von der Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte gespendet wurden. Die Kanzlei hat schon bisher zivilgesellschaftliche Projekte unterstützt.
Preisverleihung
Die Preisverleihung findet am Donnerstag, den 3. November in der Akademie der bildenden Künste Wien (Schillerplatz 3, 1010 Wien) statt.
Der Student Ousmane C. ist wegen seines bildungspolitischen Engagements in seinem Herkunftsland Guinea mit dem Tode bedroht. Er wurde dort gefoltert, das Militär tötete seine Eltern, Ousmane selbst konnte schließlich nach Europa flüchten.
Doch im Dezember 2010 wollten ihn die österreichischen Behörden zurück nach Guinea schicken. Die fünf PreisträgerInnen machten seinen Fall öffentlich, fanden einen Anwalt (Georg Zanger) und kauften Tickets für den Abschiebeflug. Sie informierten Fluggäste und Crew von der geplanten Abschiebung. Als die Polizei Ousmane C. zum Flugzeug brachte, hielt sich der junge Mann verzweifelt am Treppengeländer des Flugzeugs fest. Daraufhin beschloss der Kapitän, den Abzuschiebenden nicht mitfliegen zu lassen. Nur einen Tag nach dem Abschiebeversuch entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Abschiebung aufgrund der großen Gefahr für Ousmane C. gar nicht zulässig ist.
Beispielgebendes Handeln
Die 5 jungen Menschen, die von SOS Mitmensch geehrt werden, haben außergewöhnliche Zivilcourage gezeigt. Sie haben mit großem Einsatz für die Rechte eines Menschen gekämpft, dessen Situation bereits hoffnungslos schien, und sie haben Erfolg gehabt. Wir erachten diesen Einsatz und den damit erzielten Erfolg als Beispielgebend und hoffen, dass die Preisverleihung mit dazu beiträgt, auch andere Menschen zu couragiertem Handeln zu ermutigen. Darüber hinaus möchte SOS Mitmensch mit der Preisverleihung auch ein Zeichen für eine offene Gesellschaft und gegen eine Politik setzen, die Menschen aus ihrem Leben in Österreich reißt und in die rechtliche und materielle und oftmals auch Leib und Leben bedrohende Unsicherheit abschiebt. Der Schutz von Menschenleben und der Respekt vor Menschenschicksalen sollten in einem demokratischen Rechtsstaat höchste Priorität haben.
SOS Mitmensch ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass der österreichische Staat nicht nur immer repressiver gegen Flüchtlinge vorgeht, sondern auch gegen Menschen, die sich politisch-aktivistisch betätigen. Vier der von SOS Mitmensch geehrten Anti-AbschiebeaktivistInnen sind aufgrund ihres Aktivismus zu Opfern des umstrittenen Terrorparagraphen §278b geworden. Sie wurden nach fragwürdiger Observation im Sommer 2010 für mehrere Wochen in U-Haft gesteckt, weil ihnen vorgeworfen wurde, sie hätten eine "Terrorgruppe" gebildet und Müllcontainer vor einem AMS-Gebäude angezündet. Sogar die Videodokumentation einer Abschiebung wurde den AktivistInnen zur Last gelegt. Bis heute ist keine Anklage erhoben worden. Trotz der repressiven Erfahrung, die sie gemacht haben, haben sie dabei geholfen, im Dezember 2010 die Abschiebung von Ousmane C. zu verhindern.
Die AktivistInnen selbst sehen ihr politisches Engagement als Notwendigkeit. Sie halten fest, dass sie „für die bedingungslose Abschaffung von so genannten Fremdengesetzen eintreten, ebenso wie für die Abschaffung des umstrittenen Terrorparagraphen, der Widerstand gegen den rassistischen Normalzustand und anderen Missständen kriminalisiert. Denn Betroffen sind zwar nur einige, gemeint sind aber viele.“
Inzwischen hat die Bundesregierung allerdings eine Ausweitung des umstrittenen Terrorparagraphen beschlossen und sie ist drauf und dran ein Sicherheitspolizeigesetzt zu verabschieden, das in Richtung Überwachungsstaat geht. SOS Mitmensch warnt vor den Folgen einer außer Kontrolle geratenden Repressions- und Überwachungspolitik. Statt Repression braucht es eine Stärkung von Demokratie und demokratischen Handlungsspielräumen sowie ein Mehr an Schutz für Menschen.
>>> Laudatio anlässlich der Verleihung des Ute Bock Preises für Zivilcourage 2011 von Manfred Nowak