
Die Win-lose-Situation
RE-CHECK. Für ein Land, das maximal unwillkommen sein will, haben wir große Forderungen.
Kolumne: Vanessa Spanbauer checkt mehrfach - eine Kolumne über
Diversität, Feminismus und Migration.
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Stellen bleiben unbesetzt, an Fachkräften mangelt es und das Gesundheitssystem ist am Anschlag. Es gibt zu wenige Arbeitskräfte. Die einfach geglaubte Lösung: Wir holen sie aus dem Ausland. Der Gedankengang ist nicht neu, ebenfalls antiquiert ist die Haltung den Menschen, die kommen sollen, gegenüber. Die Frage bleibt: Wer will nach Österreich, wenn man sich das „Ich arbeite in einem Mangelberuf“ fast auf die Stirn tätowieren muss, um halbwegs okay behandelt zu werden?
Für ein Land, das so stark daran arbeitet maximal unwillkommen zu wirken und versucht Migrant:innen abzuschrecken, haben wir große Forderungen und unrealistische Vorstellungen. Die FPÖ befindet sich im Umfragehoch, die ÖVP verliert sich in Blasmusik und Leitkulturphantasien, und Rassismus findet sich in den Strukturen und im Alltag zu genüge. Und Gleichstellung und Förderung von Frauen im Berufsleben? Nein, lieber wird das Gendern gestrichen.
Die Anwerbeversuche der Politik werden teils konkret. Frauen von den Philippinen sollen uns in Zukunft pflegen. So wie es Frauen von den Philippinen und verschiedenen anderen Gebieten, wie Korea, Rumänien oder der Slowakei seit Jahrzehnten machen. Die Gegenleistung für die Arbeit ist fraglich. Faire Löhne sollen sie nicht verlangen, die Arbeitsbedingungen sind für alle in dem Bereich katastrophal, und langfristig bleiben – bitte nicht. Ihre Kinder sollen am besten dort bleiben, wo sie sind. Es gibt weder Plätze in Kindergärten noch in Schulen. Ein Job wird geboten, kein Leben. Ebenfalls gesucht: Personen in Technik, IT und in der Gastronomie.
In all den Jahrzehnten wurde nichts gelernt. Die Gastarbeiter:innen-Generation musste sich mit diesen Thematiken schon vor Jahrzehnten auseinandersetzen. Ihre Kinder und mittlerweile Enkel:innen spüren diese Auswirkungen immer noch. Ausbeutung auf der einen Seite, Ablehnung auf der anderen. Fraglich, ob sich viele Personen motivieren lassen, sich dem auszusetzen oder ob es doch bessere Angebote gibt. Es ist fast befriedigend zu sehen, wie uns die rassistische Politik auf den Schädel fliegt. Weitergehen wird das Paradoxon trotzdem. Eine großartige Fehlerkultur existiert in Österreich ja nicht.
Vanessa Spanbauer ist Journalistin und Historikerin aus Wien.
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