
Beleidigende Speisen und Getränke haben bitteren Nachgeschmack
Der Gastronomiefachverband unterstützt die Aufklärungsarbeit von zivilgesellschaftlichen AkteurInnen über diskriminierende Speise- und Getränkenamen.
Bereits seit einigen Jahren setzen sich MenschenrechtsakteurInnen, darunter auch viele Schwarze AktivistInnen, gegen diskriminierende Speise- und Getränkebezeichnungen ein. In der Vergangenheit sind Hinweise auf diese Problematik jedoch nicht immer auf Verständnis gestoßen. Gerade Schwarze AktivistInnen mussten eine Menge an herablassender Kritik und beleidigender Angriffe einstecken. Oft wurde mit der Begründung abgewunken, dass Bezeichnungen nur eine Bagatelle seien und es im Übrigen um alte Traditionen gehe. Doch die Herabwürdigung von Menschen ist niemals eine Bagatelle, auch dann nicht, wenn sie unabsichtlich geschieht oder mit Traditionen in Verbindung steht.
Im Zuge der im Wien Museum gezeigten Ausstellung über den „Hofmohren“ Soliman ist SOS Mitmensch deshalb an den Fachverband Gastronomie herangetreten, um für eine gemeinsame Vorgangsweise gegen die weitere Verwendung von „Mohr“ als Speise- oder Getränkebezeichnung zu werben. Tragischer Held der Ausstellung ist Angelo Soliman, der als Kind aus Afrika verschleppt und als schwarzer Sklave nach Europa verkauft wurde. Er wurde an einen Wiener Fürsten verschenkt und diente diesem als „Hofmohr“. Später schaffte es Soliman, sich freizulösen und unabhängig in Wien zu leben. Nach seinem Tod holte ihn jedoch sein „Mohrendasein“ ein. Soliman wurde gehäutet, ausgestopft und für 10 Jahre ausgestellt, so als hätte er nie unter Menschen gelebt und wäre nie ein Mensch gewesen. Angesichts dieser geschichtlichen Tatsachen ist es nur zu verständlich, dass sich schwarze Menschen von der Wortwahl „Mohr“ und von Speise- und Getränkebezeichnungen mit diesem Begriff - wie z.B. dem „Mohr im Hemd“ - verletzt fühlen. Selbiges gilt auch für Speise- und Getränkebezeichnungen, die andere diskriminierende Begriffe enthalten, wie dies zum Beispiel beim „Zigeunerschnitzel“ der Fall ist.
Nach Besuch der Soliman-Ausstellung hat der Gastronomiefachverband eine Aussendung an seine Mitglieder verfasst, in der empfohlen wird, auf diskriminierende Bezeichnungen zu verzichten. Der Fachverband schreibt: „Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass sich die Figur des Mohren in zahlreichen Firmenlogos und sich der Begriff „Mohr“ auch in Firmenbezeichnungen wieder findet. Die Gastronomie sollte als Branche, die sich der Gastfreundschaft verschrieben hat, hier aber mit gutem Beispiel vorangehen und auf derartige Bezeichnungen verzichten. Es gibt bereits zahlreiche Betriebe, die diesen Schritt gemacht haben und statt „Mohr im Hemd“ Bezeichnungen wie z.B. „Kuchen mit Schlag“ oder „Schokokuchen mit Schlag“ verwenden. Keiner dieser Betriebe musste deswegen einen Einbruch bei der Nachfrage bzw. Umsatzeinbußen hinnehmen. Daher möchten wir allen Gastronomiebetrieben ausdrücklich empfehlen, ihre Speisekarten dahingehend zu überprüfen, ob die Bezeichnung „Mohr“ enthalten und wirklich unverzichtbar ist. Machen wir es zu einem Gütesiegel österreichischer Gastronomiebetriebe, dass keine beleidigenden Speisebezeichnungen mehr verwendet werden.“
SOS Mitmensch ist erfreut über die unterstützenden Aussagen des Gastronomiefachverbands. Gerade für eine traditionsbewusste Branche ist es wichtig, dass sie sich nicht der Geschichte verschließt, die hinter Speise- und Getränkebezeichnungen sowie hinter Firmenlogos steckt. Wenn diese Geschichte eine des Ausschlusses, der Herabwürdigung und der Diskriminierung ist, dann sollte das zum Anlass genommen werden, um Bezeichnungen und Logos zu ändern. Traditionen der Diskriminierung sind keine, die in irgendeiner Form fortgeführt werden sollten.
SOS Mitmensch hofft, dass die Empfehlung des Gastronomiefachverbands mit dazu beiträgt, dass sukzessive alle Gastronomiebetriebe sowie alle Speise- und Getränkehersteller von diskriminierenden Bezeichnungen und auch von herabwürdigen Menschendarstellungen in Logos Abstand nehmen. Dazu können und sollen auch die KonsumentInnen durch erhöhte Aufmerksamkeit einen Beitrag leisten.