
Manifest: Respekt für Roma und Sinti in Europa!
Österreichische Organisationen beteiligen sich am Sonntag erstmals mit einer Kundgebung am seit 2011 europaweit stattfindenden "Tag der Würde der Roma und Sinti": 6. Oktober, 14.00 bis 16.00 Uhr neben dem Wiener Burgtheater.
Hier das dazugehörige, von Anti-Rassismus-Organisationen aus 30 (!) europäischen Ländern unterzeichnete, Manifest für die Rechte und Würde von Roma und Sinti:
"Wir können die rassistische Diskriminierung, denen Roma und Sinti, Romnja und Sintize in Europa ausgesetzt sind, nicht mehr ignorieren. Sie sind in großem Ausmaß von Diskriminierung, Ablehnung und rassistischer Gewalt betroffen.
In Rumänien werden ganze Gemeinschaften in isolierte, von Mauern umgebene Areale zurückgedrängt, ohne Wasser und Strom, ähnlich wie in der Slowakei, wo Roma-Frauen sterilisiert werden. In Bulgarien werden Roma in städtische Ghettos eingesperrt. In der Tschechischen Republik sind sie das Ziel einer Reihe von Demonstrationen der Neo-Nazis. In Kroatien werden Roma mit Molotov-Cocktails beworfen. In Ungarn werden Roma von der paramilitärischen Miliz „Jobbik“ belästigt und angegriffen, wodurch sie gezwungen sind, in anderen Ländern Zuflucht zu suchen. In Bosnien und Herzegowina sind Roma täglichen Diskriminierungen ausgesetzt, ebenso wie in Italien, Moldawien und Serbien. In Frankreich werden die Stimmen des Hasses immer lauter und Roma leiden noch immer unter Stigmatisierungen und Ausschlüssen, wie auch schon unter der vorherigen Regierung. Einige von ihnen wurden gezwungen zurück in den Kosovo zu gehen, eine Folge der Abschiebungen aus Deutschland, Dänemark und Schweden.
Der Grad der Diskriminierung, und rassistischen Gewalt ist von Land zu Land unterschiedlich, aber der Kern bleibt überall derselbe. Er hat seine Wurzeln in den gleichen stigmatisierenden Darstellungen und den abgenutzten Stereotypen. Häufig wird auch die Erinnerung an frühere Verfolgungen verdrängt. In Lety in der Tschechischen Republik steht noch immer ein Schweinestall an der Stelle, an der sich ein Roma-Konzentrationslager der Nazis befand, wodurch die Erinnerung an 1.300 Roma in den Schmutz gezogen wird, die sich zwischen 1942 und 1943 in diesem Lager befanden – nur 300 von ihnen überlebten damals die Deportation und den Aufenthalt in dem Lager.
In Anbetracht dieser Realität, sind die Reaktionen und Maßnahmen der politischen Institutionen nicht angemessen – in manchen Fällen führen diese sogar zu Verschlechterungen. Wie zu erwarten war, haben die „Nationalen Strategien für die Inklusion der Roma“, die Ende 2011 von den Mitgliedsstaaten der EU-Kommission vorgelegt wurde, und oftmals kein Budget, keine Zielvorstellungen und keine konkreten Maßnahmen vorsahen, keine Verbesserung der Situation in Bezug auf die schlechte soziale Lage und den Rassismus, mit denen Roma viel zu oft konfrontiert sind, gebracht. Weil der Kommission die Rechte, die Legitimität und manchmal auch die Überzeugung fehlt, sind noch keine notwendigen Maßnahmen getroffen worden, während die Situation für die Gemeinschaften in ganz Europa sich dramatisch verschlechtert.
Es ist an der Zeit, dass die Mitgliedsstaaten aufhören, Strategien der Umgehung und teilweise sogar der offenen Ablehnung und Diskriminierung umzusetzen. Die EU muss als Garant für die fundamentalen Rechte aller Individuen auftreten, auch wenn das zu Konflikten mit einzelnen Mitgliedsstaaten führen kann. Die Grundwerte Europas stehen auf dem Spiel.
Anders als die politischen Institutionen, ist die menschenrechtlich engagierte Zivilgesellschaft entscheidend involviert und bringt dadurch Hoffnung und Zukunftsperspektiven für Europa. Seit nunmehr drei Jahren ist die europäische Veranstaltung zur Würde der Roma das Symbol dieser Solidarität. Die breite Emanzipationsbewegung bringt Roma-AktivistInnen, Organisationen und die restliche europäische Zivilgesellschaft zusammen, die alle gemeinsam das Ziel von Gleichberechtigung verfolgen und sich gegen die verschiedenen Formen von Rassismus aussprechen.
Der Gedanke von „Respekt für Roma!“ ist der Gedanke von Würde, Gerechtigkeit und Solidarität, der die zahlreichen Initiativen nährt, die von der Zivilbevölkerung in ganz Europa ausgehen.
Am 2. August versammelten sich mehrere hundert Menschen an der Stätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz, im Gedenken an den Genozid an den Roma und im Besonderen an die Nacht zwischen dem 2. und 3. August 1944, als in Auschwitz 2500 Roma ermordet wurden. Diesem Datum sollte ein angemessener Platz im Gedenkkalender zugestanden werden, um an den Samudaripen – den Genozid an den europäischen Roma und Sinti – zu erinnern. Gegenwärtige Verfolgung muss in einer Art bekämpft werden, die deutlich macht, woher sie kommt und wohin sie führen kann. Nach der Serie von rassistisch motivierten Morden an Roma in Ungarn haben sowohl die Zivilbevölkerung als auch die Opfer Gerechtigkeit gefordert, nicht Rache. Mehr als drei Jahre dauerten die Gerichtsverfahren und die Täter wurden fair und hart bestraft.
Die Zivilgesellschaft in Tschechien hat auf die widerlichen Provokationen und Drohungen der Neo-Nazis mit Solidarität und mit der Forderung nach Rechtsstaatlichkeit reagiert.
Während die anhaltende Krise den nationalistischen Hass nur noch verschlimmert und dazu anstachelt, die Schwächsten unter uns für diese Krise verantwortlich zu machen, obwohl sie in Wahrheit das erste Opfer sind, rufen wir alle Menschen dazu auf, ihrem Wunsch nach einem gemeinsamen Europa mit unterschiedlichen Kulturen, Sprachen und Identitäten, aber einer gemeinsamen Kultur der Gleichberechtigung, Ausdruck zu verleihen. Es muss Solidarität über die Grenzen hinaus demonstriert werden.
Am Sonntag, dem 6. Oktober, werden wir uns in 15 europäischen Ländern zur selben Zeit für die Würde der Roma versammeln, von Paris bis Kiew, von Oslo bis Istanbul über Prag, Budapest und Bukarest. Wir sind entschlossen zu zeigen, warum und wie wir in einem wahrhaft demokratischen Europa leben können – wenn wir Rassismus und Nationalismus endlich loswerden."
Unterzeichnet von Anti-Rassismus-Organisationen aus europäischen 30 Ländern sowie der Anti-Rassismus-Plattform EGAM (European Grassroots Antiracist Movement):
Albania: Aldo Merkoci, President of Mjaft ! Movement and Adriatik Hasantari, President of Roma Active
Austria: Claudia Schäfer, CEO of ZARA, Alexander Pollak, Spokesperson of SOS Mitmensch and Andrea Härle, Executive Director of Romano Centro
Belgium: Patrick N’Siala Kiese, President of Kif Kif
Bosnia: Alma Masic, Director of Youth Initiative for Human Rights – Bosnia
Jovan Divjak, President of OGBH, « OBRAZOVANJE GRADI BIH » (Education builds Bosnia and Herzegovina) , Defender besieged Sarajevo
Bulgaria: Markéta Kovaříková, Director of the Helsinki Committee, and Deyan Kolev, Chairman of Amalipe Roma Cultural Centre for interethnic dialogue and tolerance
Croatia: Mario Mazic, Director of Youth Initiative for Human Rights – Croatia, and Jasmina Salihi, Coordinator at Nevo Drom
Czech Republic: Anna Šabatová, President of the Czech Helsinki Committee, Miroslav Broz, President of Konexe, and Jarmila Balážová, President of Romea
Denmark: Jette Moller, President of SOS mod racisme, and Ferdi Sabani, President of Roma Forzning i Danmark
Europe: Nicolas Tavitian, Director, AGBU - Armenian General Benevolent Union, Andi Gergely, President UEJS – European Union of Jewish Students, Rudko Kawczynski, President – European Roma and Travellers Forum
Estonia: Merle Haruoja, Director of the Estonian Centre for Human Rights and Roman Lutt, President of the North Estonia Roma Association
Finland: Janette Grönfors, Coordinator of Rasmus, anti-racist network, and Founding Member of Nevo Roma
France: Cindy Léoni, President of SOS Racisme, and Alain Daumas, President of the Union Française des Associations Tsiganes – UFAT
Germany: Serdar Yazar, Spoke-person of the Turkish Union in Berlin-Brandenburg (TBB) and Emran Elmazi, President of Amarodrom
Greece: Ahmed Moawia, President of Greek Forum of Migrants . Anastasia Georgiou (Research Fellow at the Greek Forum of Migrants)
Hungary: Janos Farkas, President of the Government of the Roma Minority of Gyöngyöspata, Jeno Setet, Roma National Leader and Erika Muhi, Director of NEKI
Italy: Angela Scalzo, President of SOS Razzismo, and Graziano Halilovic, President of Roma Onlus
Kosovo: Raba Gjoshi, Director of Youth Initiative for Human Rights – Kosovo, and Muhamet Arifi, Director of Balkan Sunflowers
Latvia: Sigita Zankovska-Odina, Researcher for the Latvian Centre for Human Rights, and Anatolijs Berezovskis, Member of the Board of Nevo Drom
Macedonia: Hristo Ivanovski, President of the Alliance for Human Rights
Moldavia: Nicolae Radita, President of the Roma National Center, and Valerian Mamaliga, Manager of the Moldavian Institute for Human Rights
Montenegro: Boris Raonic, President of Civic Alliance, Senad Sejdovi, President Romski savjet and Teuta Nuraj, President of the Nacionalni Savjet Roma i Egipcana
Norway: Rune Steen, Executive Director of Antirasistisk Senter
Poland: Paula Sawicka, President of the Open Republic Association, Kasia Kubin, Director of the Foundation for Social Diversity, Klaus Witold, President of the Association for Legal Intervention, Karolina Mirga, President of Harangos and Roman Kwiatkowski, President of Roma People Association in Poland
Portugal: Bruno Gonçalves, Co-President of the Centro de Estudios Ciganos, Manuel Costa President of Centro de Estudos Ciganos, Henrique Barbosa President of the Associação Cigana de Coimbra, Dinis Abreu President of the Associação Cigana de Leiria, Almerindo Barbosa President of Associação Cigana de Tomar, Olga Mariano President of Letras Nómadas - Associação de Investigação e Dinamização das Comunidades Ciganas
Romania: Marian Mandache, Executive Director of Romani Criss
Russia: Svetlana Gannushkina, President of the Memorial network for the rights of migrants
Serbia: Maja Micic, Director of the Youth Initiative for Human Rights – Serbia, Jovana Vukovic, Coordinator at the Regional Centre for Minorities and Stevan Nicolic, Manager of the Roma Education Centre of Subotica
Slovakia: Irena Bihariova, President of the Ludia proti rasizmu
Slovenia: Anita Ramsak, Manager of the Ekvilib Institute for Human Rights
Spain: Beatriz Carrillo de los Reyes Presidente de Fakali
Sweden: Kalle Larsson, President of the Centrum Mot Rasism, Lina Gidlund, Manager of Upsala Anti-discrimination Centre
Turkey: Selcuk Karadeniz, President of Roma Youth Association, and Cengiz Algan, Spoke-person of Durde !
Ukraine: Zola Kundur, President of the funds for women Chiricli
United Kingdom: Nick Lowes, Coordinator at Hope Not Hate
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