
Appell von BildungsexpertInnen: Minderjährige Asylsuchende brauchen Zugang zu Bildung!
In Schreiben an SOS Mitmensch fordern mehrere prominente BildungsexpertInnen die Politik dazu auf, minderjährigen Asylsuchenden raschestmöglich den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Sie betonen die Wichtigkeit von Bildung und warnen vor den Konsequenzen der Vernachlässigung junger Menschen. Am derzeit praktizierten Bildungsausschluss üben sie scharfe Kritik.
SOS Mitmensch hat mehrere BildungsexpertInnen gefragt, wie sie die monatelange Bildungsunterbrechung der mehr als 500 in der Massenasylstelle Traiskirchen festsitzenden Kinder und Jugendlichen beurteilen. Hier ihre Antworten:
Andreas Salcher (Bildungsautor und Berater): „Es sollte eigentlich nicht darüber diskutiert werden müssen, dass minderjährige Asylsuchende selbstverständlich sofort nach ihrer Ankunft Bildung und Ausbildung in Österreich erhalten sollten. Kein vernünftiger Mensch - auch kein vernünftiger Politiker - kann es gutheißen, dass Kinder und Jugendliche für Monate keinerlei Schul- und Ausbildung erhalten. Jede längere Bildungsunterbrechung macht es für die jungen Menschen schwieriger, ihr Potenzial auszuschöpfen. Neugier sollte gefördert und Wissensdurst gestillt werden. Das schafft Chancen und Kompetenzen, die ein Gewinn sind, egal ob die Jugendlichen schlussendlich in Österreich bleiben oder ihr Leben in einem anderen Land fortsetzen.“
Christoph Badelt (Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien): „Bildung ist ein Menschenrecht. Bildung ist darüber hinaus die erste Voraussetzung für soziale Integration und eine weitgehende Garantie gegen Verarmung und sozial nachteiliges Verhalten in der Zukunft. Gerade die (früh)kindliche Förderung spielt eine große Rolle und ist auch ein besonderes Gebot der Chancengleichheit. Wir müssen daher allen jungen Menschen, die in Österreich sind, die bestmögliche Bildung zukommen lassen. Dies gilt in besonderem Ausmaß für junge Menschen in Asylquartieren – es muss einfach trotz technischer und praktischer Schwierigkeiten gelingen, auch für Asylwerber/inn/en ein Bildungsangebot zu organisieren.“
Heidi Schrodt (Vorsitzende der Bildungsinitiative „Bildung Grenzenlos“): „Es ist unfassbar, bedrückend und skandalös, dass in Österreich seit Monaten Kindern und Jugendlichen, die ohnehin bereits ein schweres Schicksal zu tragen haben, das Recht auf Schulbildung verweigert wird. Diese menschenverachtende Praxis ist sofort zu beenden. Alle in der Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Rechte gelten uneingeschränkt auch für Flüchtlingskinder. Dafür haben auch unsere PolitikerInnen zu sorgen. Eine Schande, dass das nicht selbstverständlich erfolgt.“
Markus Hengstschläger (Genetiker und Bildungsautor): „„Ein Talent hat jeder Mensch, nur gehört zumeist das Licht der Bildung dazu, um es aufzufinden.“ hat Peter Rosegger gesagt. Es will mir nicht einleuchten warum das Licht der Bildung in Österreich nicht auf minderjährige Flüchtlinge scheint. Das wäre im Sinne dieser jungen Menschen und unseres Landes.“
Ilse Rollet (Schuldirektorin): „Es ist eine Schande für ein reiches Land wie Österreich, dass flüchtende Kinder und jugendliche unbegleitete Flüchtlinge auf sich allein gestellt im Flüchtlingslager Traiskirchen ausharren müssen, sich kein Jugendamt verantwortlich um diese kümmert und ihnen oftmals sogar der gewünschte Schulbesuch verwehrt wird. So kommt zur Traumatisierung durch Vertreibung und Flucht die nächste Traumatisierung durch die österreichische Bürokratie.“
Wir sagen: Mit jedem Tag, an dem die wissbegierigen jungen Menschen in der Asylstelle keinen Zugang zu Bildung haben, laden das Innenministerium und die Bundesländer schwere Schuld auf sich. Die Bildungsblockade gehört beseitigt und der Zugang zu Schule und Ausbildung sichergestellt, und zwar umgehend!
Bildungsblockade in der Asylstelle Traiskirchen