
War eine "breite Öffentlichkeit" bei rassistischem Mölzer-Sager vor Ort?
Medien berichten, dass die Verhetzungsanzeige gegen Mölzer "kaum Chancen" habe, weil der Verhetzungsparagraph die "Wahrnehmung durch eine breite Öffentlichkeit" vorschreibt, damit der Tatbestand der Verhetzung überhaupt zum tragen kommt. War der rassistische Mölzer-Sager für eine "breite Öffentlichkeit" wahrnehmbar? SOS Mitmensch hat recherchiert.
Laut gängiger Rechtssprechung gelten in Österreich Gruppen um die 150 Personen als "breite Öffentlichkeit". Das heißt, eine verhetzende Äußerung muss von einer Mindestanzahl von ca. 150 Personen wahrgenommen werden, damit sie unter den Verhetzungsparagraphen fällt. Im Fall Mölzer geht es also um zwei Fragen: Waren 150 Personen vor Ort, als er seinen rassistischen N-Konglomerats-Chaos-Sager tätigte? Und musste er nicht darüber hinaus damit rechnen, dass bei einer Buchpräsentation auch JournalistInnen anwesend sind, die seine Äußerungen einer noch breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen?
Das sagt der Aufdecker
Die Veranstaltung, auf der Mölzer seinen rassistischen N-Konglomerats-Chaos-Sager getätigt hat, fand am 18. Februar im Palais Epstein statt. Dort wurde ein Buch von FPÖ-Politikerin Barbara Rosenkranz präsentiert. Am Podium saßen Andreas Mölzer, Lothar Höbelt, Barbara Rosenkranz und der Verleger des Buches, Wolfgang Dvorak-Stocker. Laut Redakteur der Süddeutschen Zeitung, der anwesend war und die rassistischen Ausfälle Mölzers öffentlich gemacht hat, waren alle Sitzplätze im Raum besetzt. Darüber hinaus war der Andrang zur Veranstaltung so groß, dass einige Menschen auch stehen mussten. Laut Schätzung des SZ-Redakteurs, waren mindestens 100 Personen im Raum und er kann nicht ausschließen, dass es insgesamt an die 150 waren.
Nachgefragt beim Palais Epstein
SOS Mitmensch wollte es noch genauer wissen. Wir haben uns beim Palais Epstein erkundigt, wie viele Sitzplätze es im Veranstaltungsraum gibt. Laut Auskunft des Palais, werden bei Präsentationen üblicherweise zwischen 110 und 120 Sesseln aufgestellt. Nachdem der Saal am 18. Februar voll war, heißt das, dass mindestens 110 bis 120 Personen im Publikum gesessen sind. Hinzu kommen die vier Personen am Podium und die Personen, die keinen Sitzplatz mehr gefunden haben und hinten stehen mussten. Zusammengefasst ist es also durchaus möglich, dass die Zahl von insgesamt 150 bei der betreffenden Veranstaltung erreicht wurde.
Weitere Überprüfung notwendig
Die weitere Überprüfung, ebenso wie die Beantwortung der zweiten Frage, ob nur die bei der Veranstaltung anwesenden Personen zählen, oder auch die darüber hinausgehende Öffentlichkeit, obliegt der Staatsanwaltschaft bzw. - im Falle einer Anklageerhebung - den Gerichten.
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