Anklage gegen ehemaligen „Aula“-Leiter rechtskräftig!
Laut der Sprecherin des Landesgerichts für Strafsachen Graz ist die Anklage gegen den ehemaligen Chefredakteur der rechtsextremen „Aula“ nunmehr rechtskräftig. Dem Leiter des inzwischen eingestellten FPÖ-nahen Magazins wird der Prozess wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung gemacht. Der Prozesstermin ist noch offen,
Schuldspruch wäre politisches Erdbeben
„Die Anklage gegen die „Aula“ ist hochbrisant. Große Teile der FPÖ-Parteiführung haben das mit Neonazis und Holocaustleugnern sympathisierende Magazin aktiv mitbetrieben und unterstützt. Ein Schuldspruch wegen NS-Wiederbetätigung käme einem politischen Erdbeben gleich“, so SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak.
FPÖ-Führung tief verstrickt
Pollak verweist darauf, dass die heutige FPÖ-Führung tief in die unter Wiederbetätigungsverdacht stehende „Aula“ verstrickt gewesen sei. So habe das FPÖ-Bildungsinstitut unter der Führung von Herbert Kickl bezahlte Inserate in der „Aula“ geschalten, noch nachdem das Magazin KZ-Überlebende als „Massenmörder“ und „Landplage“ beschimpft hatte. Auch weitere aktive FPÖ-Politiker, wie etwa der oberösterreichische Vize-Landeshauptmann Manfred Haimbuchner oder der FPÖ-EU-Abgeordnete Harald Vilimsky, hätten die „Aula“ mittels Inserate gefördert, so Pollak. Darüber hinaus habe der heutige zweite Nationalratspräsident Norbert Hofer während seiner Präsidentschaftskandidatur für Werbefotos für das antisemitische Magazin posiert. Der heutige niederösterreichische Vize-Landeshauptmann Udo Landbauer habe in der „Aula“ für ein Liederbuch mit NS-Liedgut geworben. Auch der ehemalige Verteidigungsminister und steirische FPÖ-Obmann Mario Kunasek sei mehrfach in der „Aula“ aufgetreten, berichtet Pollak. Darüber hinaus sei der jetzt von der Justiz angeklagte ehemalige „Aula“-Leiter jahrelang FPÖ-Bezirkspolitiker in Graz gewesen, so der SOS Mitmensch-Sprecher.
Lange Ermittlungen der Justiz
Bereits im Dezember 2018 hatte SOS Mitmensch der Justiz ein 300-Seiten dickes Dossier über die Aktivitäten der „Aula“ übermittelt. Darin wurde akribisch aufgelistet, wie das Magazin Neonazis auftreten ließ, Holocaustleugner hofierte und Antisemitismus und Herrenrassendenken verbreitete. So sei in der „Aula“ etwa vor einer „Judaisierung der Welt“ und vor „Rassenmischung“ gewarnt worden. Staaten wie Deutschland und Österreich, die Holocaustleugnung strafrechtlich verfolgen, seien mit Diktaturen gleichgesetzt worden. Ehemalige Nazikämpfer hätten in der „Aula" ein Sonderlob erhalten, wenn sie auch nach 1945 im rechtsextremen und neonazistischen Milieu aktiv geblieben waren, wohingegen KZ-Überlebende wiederholt diffamiert und verunglimpft worden seien. Im Juni 2018 wurde die „Aula“ nach jahrelanger Kritik eingestellt. Ein 2019 unter Beteiligung von FPÖ-Politikern unternommener Versuch, die unter Wiederbetätigungsverdacht stehende „Aula“ wiederzubeleben, scheiterte an erneuten öffentlichen Protesten.
300 Seiten dickes "Aula"-Dossier von SOS Mitmensch mit mehr als 200 Belegartikeln wurde an die Staatsanwaltschaft Graz versendet
"Aula" wollte Neonazis und Naziideologie salonfähig machen
„Unsere Analyse zeigt, dass die „Aula“ systematisch darauf hingewirkt hat, Neonazis und wesentliche Teile der Naziideologie in Österreich wieder salonfähig zu machen“, erklärt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, den Hintergrund der Anzeige. Das betreffe etwa das Propagieren von Antisemitismus und Herrenrassendenken, die Verteidigung von Holocaustleugnern und Neonazis, die Verehrung von Nazikämpfern, die Verunglimpfung von KZ-Überlebenden, die Übernahme von Nazivokabular und das massive Bewerben von antisemitischer und geschichtsrevisionistischer Literatur, so Pollak.
Verunglimpfung von KZ-Überlebenden in der "Aula", Ausgabe Juli/August 2015
Verherrlichung von NS-Symbolik und Loblied auf das von Nationalsozialisten eingeführte Mutterkreuz in der "Aula" - ohne ein einziges kritisches Wort über den Nationalsozialismus, Ausgabe Jänner 2014
"Aula"-Jubelartikel über Nazi-Fliegerhelden, der auch nach 1945 noch im rechtsextremen und neonazistischen Milieu verkehrte, Ausgabe Jänner 2013
Wohlwollendes "Aula"-Gedenken an Mitgründer der später wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbotenen NDP, Ausgabe Oktober 2012
„Aula“ sieht im Neonazi und verurteilten Holocaustleugner Gerd Honsik einen „Dissidenten“, der wegen „Meinungsdelikten“ verurteilt wurde, Ausgabe September 2011
300-Seiten dickes Dossier
Das Dossier, das SOS Mitmensch an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt hat, ist 300 Seiten dick und analysiert mehr als 200 Beiträge, die seit 2008 in der „Aula“ erschienen sind. Verantwortlich für die Gestaltung der „Aula“ war seit 2004 Martin Pfeiffer, der neben seiner publizistischen Tätigkeit bis vor kurzem FPÖ-Bezirkspolitiker in Graz war:
- Neonazis als Autoren: Regelmäßig schrieben Vertreter neonazistischer Gruppierungen Beiträge in der „Aula“.
- Warnung vor "Judaisierung der Welt": Unter anderem wurde in der „Aula“ „das Jüdische“ als Gefahr dargestellt und vor der „Judaisierung der Welt“ gewarnt.
- Gegen "Rassenmischung": Menschen mit dunkler Hautfarbe wurden in der "Aula" regelmäßig rassistisch verunglimpft, es wurde vor „Rassenmischung“ gewarnt und Herrenrassendenken vertreten.
- Integration als "Völkermord": Integration wurde als „Völkermord“ bezeichnet.
- Österreich wie eine "Diktatur": Staaten wie Deutschland und Österreich, die Holocaustleugnung strafrechtlich verfolgen, wurden in der "Aula" mehrfach mit Diktaturen gleichgesetzt.
- Geschichtsrevisionismus: Es wurde in Beiträgen geleugnet, dass der Zweite Weltkrieg ursächlich von Nazideutschland begonnen wurde.
- Lob für Nazis, die Nazis blieben: Ehemalige Nazikämpfer erhielten in der "Aula" ein Extralob, wenn sie auch nach 1945 im rechtsextremen und neonazistischen Milieu aktiv blieben.
- Nazivokabular: Es wurde in der "Aula" von „Endlösung“, „totalem Krieg“, „Konzentrationslagern“ und „Vernichtungsfeldzügen“ gesprochen, allerdings nicht um den Nationalsozialismus zu beschreiben, sondern um den Eindruck zu erwecken, die Situation im heutigen Europa und in Israel sei vergleichbar mit der Herrschaft der Nazis.
Antisemitismus, rassistisches Vokabular und die Warnung vor der "Rückkehr des Jüdischen" in der "Aula", Ausgabe März 2014
"Aula" über "Judaisierung der Welt" und den "Antichristen", Ausgabe Dezember 2015
"Jüdische Interessen" als Gegensatz zu "deutschen Interessen" in der "Aula", Ausgabe Oktober 2011
"Aula" gratuliert dem Holocautsleugner David Irving, Ausgabe März 2008
"Aula" zitiert wohlwollend einen Rassisten, der behauptet, dass "die Frau gegenüber dem Mann" und "manche Rassen gegenüber anderen" ein "untergeordneter" bzw. "nachgeordneter Teil" seien, Ausgabe Februar 2017
"Aula" warnt vor "Völkermord" durch "Rassenmischung", Ausgabe Dezember 2015
Bezeichnung von Integration als "Völkermord" in der "Aula", Ausgabe April 2008
Rassistische Verunglimpfung des österreichischen Song-Contest-Teilnehmers in der "Aula", Ausgabe Mai 2018
"Aula" macht Doppelinterview mit Vertreter der neonazistischen NDP und FPÖ-Politiker Johann Gudenus, Ausgabe 2008
Rassistischer "Aula"-Beitrag spricht von "Zigeunerplage" und "chronisch-massivem asozialen Verhalten des 'Fahrenden Volkes'", Ausgabe März 2009
Wiedergabe rassistischer Verschwörungstheorien in der "Aula", Ausgabe Juli 2017
Angst vor der "Abschaffung der Weißen" und der "Schwächung des europiden Elements durch Vermischung" in der "Aula", Ausgabe Oktober 2015
Langjähriges enges Naheverhältnis der früheren und heutigen FPÖ-Führung zur "Aula"
Norbert Hofer posierte noch im Dezember 2016 für ein Werbefoto für die mit Neonazis sympathsierende "Aula"
Unter Herbert Kickls Führung inserierte das FPÖ-Bildungsinstitut mehrfach in der "Aula", hier im Oktober 2016
Der oberösterreichische FPÖ-Obmann Manfred Haimbuchner verfasste einen Leitartikel in der "Aula" und unterstützte das mit Neonazis sympathisierende Magazin mittels Inseratschaltungen
Udo Landbauer bejubelte die "alten Werte" der "Aula" und warb in dem antisemitischen Magazin für ein Liederbuch mit NS-Liedgut
Inserat von Harald Vilimsky in der "Aula" im Dezember 2015
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