
Fremdenrechtsexperte Dr. Peyrl: "Die Zeit drängt"
Der an der Arbeiterkammer Wien tätige Jurist und Fremdenrechtsexperte Dr. Johannes Peyrl betont in seinem Statement zur #ZukunftUkrainer*innen-Initiative die Dringlichkeit, Aufenthaltssicherheit für Ukraine-Geflüchtete zu schaffen. Darüber hinaus plädiert er für eine Verbesserung der finanziellen Absicherung der geflüchteten Menschen:
Überführung in „normales“ Aufenthaltsrecht notwendig
"Aufgrund der EU-Vertriebenenrichtlinie und der österreichischen Umsetzung haben die Menschen, die aufgrund des Krieges in der Ukraine in Österreich Schutz gesucht haben, aktuell ein gesichertes Aufenthaltsrecht bis März 2024. Sehr wahrscheinlich wird dieses Aufenthaltsrecht um ein weiteres Jahr verlängert werden.
Aber: Auch März 2025 ist nicht weit weg und es ist unbedingt nötig, rasch die Weichen für ein weiteres Aufenthaltsrecht für Ukrainer*innen nach Ende des Status als Vertriebene zu schaffen. Essentiell ist, dass spätestens nach Ende der Geltung der Verordnung für Vertriebene eine Überführung in ein „normales“ Aufenthaltsrecht möglich ist, um diesen Personen neue und bessere Perspektiven für Arbeitsmarkt und Bildung zu verschaffen. Dabei ist entscheidend, die rechtlichen Voraussetzungen dafür rasch zu schaffen, da auch Behörden eine Zeit benötigen, um sicherstellen zu können, dass Verfahren rasch und mit vertretbarem Aufwand für Betroffene abgewickelt werden können.
Praxisnahe Ausgestaltung des Aufenthaltsrechts wichtig
Viele Ukrainer*innen, die in Österreich leben, beziehen Leistungen der Grundversorgung. Daher können diese vielfach z.B. keinen Rechtsanspruch auf eine Wohnung haben und auch nicht die sonst für Aufenthaltstitel geforderten Unterhaltsmittel aufbringen. Es muss daher sichergestellt werden, dass ein weiteres Aufenthaltsrecht keine solchen Voraussetzungen enthält. Generell muss ein Aufenthaltsrecht nach Auslaufen der Vertriebenenverordnung so ausgestaltet sein, dass Ukrainer*innen auch faktisch in der Lage sind, dieses zu erhalten: So würden etwa übertriebene Integrationsanforderungen dazu führen, dass Verfahren verzögert werden und dass viele ukrainische Vertriebene keinen Aufenthaltstitel erhalten könnten, aber dennoch nicht zurückkehren können.
Finanzielle Absicherung für Ukrainer*innen muss verbessert werden
Die Zeit drängt, weil es nicht dazu kommen darf, dass eine Lücke zwischen dem Ende des Aufenthaltsrechts als Vertriebene und der Erteilung eines Aufenthaltstitels entsteht. Schließlich hängen soziale Leistungen wie Familienbeihilfe bzw. Kinderbetreuungsgeld davon ab, dass diesen Personen ein konkretes Aufenthaltsrecht zukommt.
Seit Beginn des Krieges wurden ukrainischen Vertriebenen stückchenweise mehr Rechte zuerkannt – freier Zugang zum Arbeitsmarkt, Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Kinderbetreuungsgeld sowie zuletzt (durch eine Entscheidung des OGH) auch Anspruch auf Pflegegeld. Es muss sichergestellt sein, dass durch ein weiteres Aufenthaltsrecht diese Rechte nicht verlorengehen können und es auch zu keiner Lücke bei diesen Leistungen kommt. Entscheidend ist auch, dass die finanzielle Absicherung für die Ukrainer*innen deutlich verbessert wird und ebenfalls lückenlos gewährleistet ist.
Es gibt viel zu tun, und die Zeit läuft davon! Es ist an der Zeit, zu starten."
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