Meine Zukunft in Österreich - Lina: "Ich bin nicht allein"
Lina kam 2013 mit ihrer Familie aus der Russischen Föderation nach Österreich und besucht heute die HLW in Innsbruck. Die 19-Jährige hat sich durch die Herausforderungen, die ihr Leben schon für sie bereitgehalten hat, nicht entmutigen lassen und geht selbstbewusst ihren Weg.
Redaktion: Magdalena Stern, Foto: Nicolas Hafele
„Mein Lebensmotto ist: Wenn du die Situation nicht verändern kannst, dann ändere deine Einstellung zu dieser Situation. Wenn man nach Österreich kommt und Angst hat und sich denkt, ich bin klein hier und ich kann nichts, dann denken das auch Leute von dir oder du siehst nur das. Aber man sollte keine Angst haben, sich so zu zeigen, wie man ist. Wenn das jemand nicht mag, dann ist das nicht mein Problem.
Dass ich heute so selbstbewusst bin, verdanke ich den vielen positiven Erfahrungen in Österreich, dem starken Rückhalt durch meine Familie und vor allem auch meinen zwei besten Freundinnen Emilia und Flora. Sie stehen immer hinter mir und haben mir sehr beim Überwinden meiner Ängste geholfen.
Ohne Schuluniform, ohne Angst
Die Ankunft in Österreich war schwierig, vor allem das Leben im Erstaufnahmezentrum. Alles war ungewohnt, das Essen, die Sprache, die Umgebung. Nach sechs Wochen übersiedelten wir in unsere erste Unterkunft nach Leutasch in Tirol.
Dort kam ich dann auch in die Schule. An meinem ersten Schultag in Österreich habe ich so geweint, ich wollte nicht hin, es war alles so fremd. Ich habe in Russland auch schon sieben Jahre die Schule besucht und sollte hier eigentlich in die 8. Klasse kommen, wurde dann aber zwei Jahre zurückgestuft, um mehr Zeit zum Deutsch lernen zu haben. Das war anfangs unangenehm. Vor allem, weil ich immer wieder auf den Altersunterschied angesprochen wurde und mir viele Gedanke darüber gemacht habe, was die Leute wohl von mir denken.
Es war für mich generell sehr komisch wie anders, wie offen die Schule in Österreich ist. In Russland sind die Lehrer viel strenger, sie dürfen einen beleidigen und anschreien. Man darf keine Ohrringe tragen, die Haare müssen immer zusammengebunden sein und es muss Schuluniform getragen werden. Hier hingegen gehe ich inzwischen gerne in die Schule, fühle mich sicher und muss keine Angst haben.
Gemeinsam hierbleiben
Insgesamt hat sich meine Situation mit dem Besuch der Schule schnell zum Besseren verändert. Ich habe meine beste Freundin Flora gleich am ersten Schultag kennengelernt und durch sie schnell verstanden: Ich bin nicht allein. Flora ist aus Italien und konnte wie ich noch fast kein Deutsch. Ich habe mich schnell wohler gefühlt, war nicht die Einzige, die die anderen nicht verstanden hat. Bereits nach zwei Wochen in der Schule war für mich klar: Ich liebe Österreich, ich will hierbleiben.
Heute spreche ich fünf Sprachen und glaube, dass mir das später auch im Beruf nützlich sein wird. Mein Plan ist nach der Matura Psychologie zu studieren.“
In der neunteiligen Porträtreihe "Meine Zukunft in Österreich" holt SOS Mitmensch junge Frauen, die nach Österreich flüchten mussten, vor den Vorhang. Ihre Geschichten geben Einblick in die Herausforderungen, die sie meistern müssen und verraten, was ihnen beim Ankommen in einem neuen Land geholfen hat. Damit will SOS Mitmensch die Perspektiven geflüchteter Mädchen und junger Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung stärken. Infos und Kontakte zur freiwilligen Geflüchtetenhilfe finden Sie hier.
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