„Es geht um das Miteinander, um den Respekt vor anderen Menschen und vor uns selbst“
Warum engagieren Menschen sich freiwillig in der Flüchtlingshilfe? Was ist ihre Motivation und was raten sie Menschen, die auch ehrenamtlich aktiv werden wollen? Wir haben nachgefragt. Heute: Elisabeth Langer
--> Infos und Kontakte zur freiwilligen Flüchtlingshilfe
Hilfe für in Wien gestrandete Flüchtlinge
Vor rund 35 Jahren hat Elisabeth Langers ehrenamtliches Engagement für Geflüchtete begonnen. Seither war es für sie immer selbstverständlich, etwas zu tun, wenn es notwendig war. Wie 2015, als sie in Wien gestrandete Flüchtlinge auf der Straße sah und täglich fünf bis zehn Sackerl mit Zahnbürsten, Zahnpasta und Taschentüchern und vorbereiteten Essen und Trinken mitnahm und sie bei Gelegenheit verteilte.
„Wir kommen in zwei Stunden am Westbahnhof an"
Als der erste Zug aus Ungarn nach der Grenzöffnung 2015 Richtung Wien unterwegs war, bekam sie Nachricht von einem Freund, der in jenem Zug saß und per SMS um Hilfe bat. „Wir kommen in zwei Stunden am Westbahnhof an, die Leute haben nichts zu trinken, bitte kommt zum Westbahnhof und bringt was.“ Elisabeth Langer kaufte Mineralwasser ein und fuhr gemeinsam mit Freunden zum Bahnhof.
Menschenschlange am Hernalser Gürtel
Als sie an einem kalten Septembermorgen mit der U6 zum Westbahnhof unterwegs war, um dort wieder zu helfen, sah sie vor dem Polizeianhaltezentrum (kurz: PAZ) am Hernalser Gürtel eine lange Menschenschlange stehen. Frau Langer stieg spontan aus und erfuhr, dass die Menschen, die teilweise nur Flipflops, dünne Hosen und T-Shirts trugen, auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warteten.
Rückkehr mit Thermoskannen Tee und Keksen
Am nächsten Tag kam Elisabeth Langer in aller Frühe, mit Thermoskannen Tee und Keksen, zurück. Freunde borgten ihr 13 Thermoskannen und innerhalb kürzester Zeit gab es auf Facebook eine Gruppe zur Koordination des frühmorgendlichen Teeausschenkens. Die nah gelegene Pfarre Breitenfeld stellte Frau Langer nicht nur einen praktischen Teekocher zur Verfügung, sondern übernahm mit Spenden auch die Kosten für Tee, Kekse und Zucker, die sie bis dahin selbst trug. Bei durchschnittlich 300 Menschen vor dem PAZ war die Unterstützung durch die Pfarre wichtig, um das Teeausschenken weiter betreiben zu können.
Menschen Respekt entgegenbringen
Bei Elisabeth Langer bekommen aber nicht nur Asylsuchende Tee. „Jeder, Polizist, jeder Wohnungslose der in der Früh vorbeikommt und einen Tee will, bekommt auch einen“, lächelt sie. Auch wenn sie bei dem morgendlichen Teeausschenken immer wieder mit Ablehnung von Passanten oder auch der Polizei konfrontiert wird, Frau Langer kümmert sich um Tee für die Wartenden: „So lange Menschen dort stehen, komm ich mit dem Tee hin. Ich geb‘ es in dem Moment auf, wenn die Menschen, die dort anstehen, nicht mehr draußen warten müssen und ihnen Respekt entgegen gebracht wird.“
Elisabeth Langers Botschaft an alle, die sich freiwilliges Engagement überlegen: „Es ist klar, dass unsere Gesellschaft in der nächsten Zeit noch mehr freiwilliges Engagement brauchen wird. Es geht um das Miteinander, um den Respekt vor anderen Menschen und vor uns selbst. Ich könnt nicht in den Spiegel schauen, würd ich es nicht tun.“
Infos und Kontakte zur freiwilligen Flüchtlingshilfe finden sie hier.
Jetzt den SOS Mitmensch Newsletter abonnieren
Ermöglichen Sie mit einer Spende unsere weitere Menschenrechtsarbeit