
Terror ohne Chance
Der islamistisch-fundamentalistische Terror verursacht unfassbares Leid. Aber er hat keine Chance auf Erfolg, wenn wir uns an einige Grundregeln halten. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Text: Alexander Pollak
Der fundamentalistische Terror hat Österreich mit voller Wucht getroffen. Ein in Wien aufgewachsener IS-Anhänger zog mordend durch die Wiener Innenstadt. Vier Menschen starben, mehr als zwanzig wurden zum Teil schwer verletzt. Dieser Terrorangriff folgte einem bekannten Muster: möglichst viele Menschenleben auslöschen, Angst und Schrecken verbreiten, Angehörige in Trauer stürzen und Politik und Medien zu einer überschießenden Reaktion verleiten, die einen tiefen Keil in unsere Gesellschaft treibt.
Doch im Grunde haben die Terroristen keine Chance. Ihre Attacken, so mörderisch sie auch sind, haben für sich nicht die Macht, ihre gesellschaftszerstörenden Ziele zu erreichen. Die Terroristen sind zum Scheitern verurteilt, solange wir uns an einige entscheidende Grundregeln halten.
Die wichtigste ist: Hassverbrechen dürfen uns nicht zu kollektivem Hass verleiten. So berechtigt die Wut über das Attentat und den Attentäter ist, so falsch und gefährlich ist es, diese Wut in Hass auf Unbeteiligte münden zu lassen, nur weil diese eine ähnliche Herkunft oder das gleiche Religionsbekenntnis haben. Sowohl Bundespräsident Alexander van der Bellen als auch Bundeskanzler Sebastian Kurz fanden unmittelbar nach dem Anschlag noch die richtigen Worte. „Wir werden Hass keinen Raum geben“, betonte Kurz. Und er fügte hinzu: „Denn unser Feind, das sind niemals alle Angehörigen einer Religionsgemeinschaft, unser Feind, das sind niemals alle Menschen, die aus einem bestimmten Land kommen, nein unser Feind, das sind die Extremisten und Terroristen.“
Keine überschießenden Maßnahmen
Doch die richtigen Worte genügen nicht. Es sollten auch keine überschießenden Maßnahmen gesetzt werden. Wenn nun als Reaktion auf den Anschlag „Haft auf Verdacht“, „Staatenlosigkeit produzierende Staatsbürgerschaftsaberkennungen“ und ein „Straftatbestand ‚Politischer Islam‘“, für den es laut Islamwissenschaftler Rüdiger Lohlker „keine taugliche Definition gibt“ und der sich ausschließlich gegen eine einzelne (Minderheiten-)Religion richtet, ins Spiel gebracht werden, dann sendet das ein gefährliches Signal an potenzielle Terroristen aus: Die Politik ist zu Fehl- und Überreaktionen bereit.
Behörden haben versagt
Entscheidend ist auch unser Vertrauen in die Vorbeugung und Gefahrenabwehr des Staates. Dieses Vertrauen wurde massiv erschüttert. Bei der Abwehr der offenkundigen Gefahr durch den Wiener Attentäter versagten Behörden kläglich. Wenn die Regierung jetzt eine zielgerichtete Reaktion auf den Anschlag zeigen will, dann muss sie hier ansetzen. Sie muss die katastrophalen Fehler des Verfassungsschutzes ebenso wie die fehlende Kommunikation des Innenministeriums an die Justiz schonungslos aufarbeiten.
Darüber hinaus gilt es vorbeugende Jugend- und Sozialarbeit sowie Resozialisierungs- und Deradikalisierungsmaßnahmen zu verstärken und nicht als sinnlos abzutun. Klar ist: Diese Maßnahmen funktionieren nicht immer, wie das Attentat auf abscheuliche Weise gezeigt hat, aber das ist kein Grund daran zu arbeiten, dass sie nie funktionieren sollen.
Unterstützen Sie jetzt unabhängigen Menschenrechtsjournalismus mit einem MO-Magazin-Solidaritäts-Abo