
Sozialhilfe-Kürzung macht aus Bundeskanzleramt ein „Armutskanzleramt“!
SOS Mitmensch hat heute ein Zeichen gegen die von der Regierung beschlossene Kürzung der Sozialhilfe gesetzt. Vor dem Regierungssitz von Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde ein Schild mit dem Schriftzug „Armutskanzleramt“ aufgestellt und das Schild „Bundeskanzleramt“ durchgestrichen. RednerInnen warnten vor den negativen Folgen der vorgesehenen Sozialkürzungen.
Armut macht vielfach krank
„Bundeskanzler Kurz rechtfertigt die Sozialkürzungen mit dem Spruch, „Sozial ist, was stark macht“. Doch Kürzungen um bis zu 35 Prozent bei Erwachsenen und bis zu 80 Prozent bei Kindern machen nicht stark. Im Gegenteil, tiefe Armut macht vielfach krank, isoliert und schafft extreme Unsicherheit“, begründet Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, die Umbenennung des Regierungssitzes in „Armutskanzleramt“.
Warnungen von ExpertInnen und Betroffenen
Die Umbenennungs-Aktion von SOS Mitmensch wurde von eindringlichen Warnungen von ExpertInnen vor den schwerwiegenden Folgen von Sozialkürzungen begleitet. Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser, berichtete über die negativen Auswirkungen von Armut auf Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Die Aktivistin Daniela Brodesser schilderte ihre persönlichen Erfahrungen mit Armut und den daraus entstehenden Ängsten und Existenznöten. Evelyn Martin, Vorsitzende der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende, kritisierte den Zynismus der geplanten Sozialkürzungen. Der Ökonom Stephan Schulmeister sprach über die wirtschaftliche Unsinnigkeit und hohen Kosten des Kürzens bei den finanziell Schwächsten. Die Schauspielerin Martina Poel verlas einen Text von Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, in dem es um die „Abschaffung der Menschen“ durch Kürzungen im Sozialsystem geht.
Perfider Trick
Laut SOS Mitmensch-Sprecher Pollak greife die Regierung „zu einem altbewährten und perfiden Trick“, um die Sozialkürzungen zu verkaufen, „nämlich das Gegeneinander-Ausspielen von Menschen“. Die Sozialkürzungen würden als Einschnitte bei Menschen kommuniziert, die weniger wert seien und keine volle Unterstützung verdient hätten, so Pollak. Das Sozialkürzungsprojekt werde damit auch zu einem Projekt, das Menschen unterschiedliche Wertigkeiten zuordne, kritisiert Pollak.
Appell für Anstand
Die Schildertausch-Aktion wurde von Musikbeiträgen von Jelena Popržan und SambaAttac begleitet. Die Aktion endete mit dem Appell an die Bevölkerung,für Anstand und gegen die mutwillige Verschärfung von Armut zu kämpfen und sich nicht Auseinander-Dividieren zu lassen.
Folgende zehn Fragen zur „Sozialhilfe neu“ hat SOS Mitmensch dem Bundeskanzler, der Bundesregierung und den Abgeordneten des Parlaments gestellt. Sämtliche Fragen blieben bislang unbeantwortet:
- Wem geht es besser, wenn armutsbetroffene Kinder um bis zu 80 Prozent weniger Sozialhilfe als bisher erhalten?
- Wem geht es besser, wenn vorwiegend ältere Personen, die längerfristig keine Chance auf Arbeit haben, um 1.770 Euro weniger pro Jahr erhalten, weil ihnen Sonderzahlungen gestrichen werden?
- Wem geht es besser, wenn Arbeitende mit geringem Einkommen nicht mehr auf die bisherige Höhe der Mindestsicherung aufstocken können und dadurch genauso einen Verlust erleiden wie Menschen ohne Erwerbsarbeit?
- Wem geht es besser, wenn es in der „Sozialhilfe neu“ keine einheitlichen Untergrenzen und keine Mindeststandards mehr für ein menschenwürdiges Leben gibt?
- Wem geht es besser, wenn auch Menschen mit Behinderung von Kürzungen betroffen sind und nur dann einen Bonus erhalten, wenn der Grad der Behinderung 50 Prozent übersteigt?
- Wem geht es besser, wenn Frauen, Männer und Kinder, die nicht Deutsch auf Maturaniveau der zweiten Fremdsprache beherrschen, für viele Monate, Jahre oder - wenn sie älter sind und Lernschwächen haben – auf Dauer in tiefste Armut verbannt werden?
- Wem geht es besser, wenn Frauen, Männer und Kinder, denen in ihrem Herkunftsland Gefahr für Leib und Leben droht, gänzlich von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden, wenn sie subsidiären Schutz erhalten haben?
- Wem geht es besser, wenn Personen, die in Erwachsenen-Wohngemeinschaften leben, drastische EInbußen bei der Sozialhilfe erleiden?
- Wem geht es besser, wenn durch die vielen neuen Schikanen die Bürokratie in Österreich aufgebläht und verteuert wird?
- Wem in Österreich geht es besser, wenn es vielen im Land schlechter geht, wenn es mehr Unsicherheit und tiefere Armut gibt und die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergerissen wird?
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