
Die Müdigkeit, die bleibt
RE-CHEK. Wenn mir das Lachen im Hals stecken bleibt.
Vanessa Spanbauer checkt mehrfach: Eine Kolumne über
Diversität, Feminismus und Migration.
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„Ach, warum kann ich das alles nicht lockerer sehen?“ – Das frage ich mich manchmal, wenn ich an Orten bin, die nicht für mich gemacht sind. Und dann ärgere ich mich wieder darüber, dass ich das überhaupt denke. Denn diese Orte sind nicht für mich gemacht, weil sie keine Rücksicht darauf nehmen, dass ich nicht-weiß bin. Rücksicht im Sinne davon, dass sie auch mich mitdenken. Besonders in der Arbeitswelt wird mir oft schmerzlich bewusst, dass es viele Räume gibt, die noch keine nicht-weiße Person je betreten hat. Folglich bin ich alleine. Kann ich es den anderen Teilnehmer:innen daher vorwerfen, dass sie in ihrer eigenen weißen Blase denken? Und dass sie das Wort Diversität höchstens darauf beziehen, dass sie aus verschiedenen Bundesländern stammen?
Als Schwarze Frau, die in Österreich aufgewachsen und sozialisiert ist, kenne ich diese Situation gut. Ich halte sie auch aus. Nur eines schaffe ich oft nicht – zu lächeln und die Situation als positiv zu betrachten, wenn wieder ein unangebrachter Witz gemacht wird oder wenn diskriminierende Aussagen fallen. Oder auch nur, wenn die Lebensrealitäten von nicht-weißen Personen vergessen werden. Wenn wieder davon gesprochen wird, alle einbeziehen zu wollen und für Alle offen zu sein. Alle sind in diesem Fall auch Frauen, Ältere, Jüngere und Personen am Land und in der Stadt. Bei „Alle“ sind Personen mit Migrationsbiografie und ihre Nachkommen oft allerdings nicht mitgemeint, genauso wie Menschen mit Behinderung oder Menschen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen.
Zum Wohlfühlen brauche ich Diversität und eine Normalisierung verschiedener Lebensrealitäten. Erklären will ich das außerhalb von Workshops oder anderen Formaten, in denen ich klar die Verantwortung trage, diese Themen zu besprechen, nicht. Manchmal ist die Müdigkeit, die dadurch entsteht, das immer wieder erklären zu müssen, groß. Erklären, weshalb man sich ausgeschlossen fühlt, ist ein Dauerzustand. Es ist Arbeit, die ich nicht mehr unbezahlt leisten kann. Ich würde mir wünschen, dass Plätze für „Alle“ zumindest bedeutet, dass „Alle“ mitgedacht werden – auch wenn sie vielleicht nicht anwesend sind.
Vanessa Spanbauer ist Journalistin und Historikerin aus Wien.
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