
Diskussion: „Operation Luxor“ – Schlag gegen Kriminalität oder Polizei- und Justizskandal?
ZARA und SOS Mitmensch laden aus Anlass "Zwei Jahre Operation Luxor“ am 17. November um 19 Uhr zu einer Podiumsdiskussion in den Presseclub Concordia ein. Betroffene und Expert*innen durchleuchten unter der Moderation von Irene Brickner die höchst umstrittene Justiz- und Polizeioperation und ihre politischen und gesellschaftlichen Folgewirkungen. Vertreter*innen von Justiz- und Innenministerium sind angefragt.
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„Operation Luxor“
Am 9. November 2020 stürmten mehr als 900 Polizist*innen die Wohnungen von dutzenden Muslim*innen in mehreren Bundesländern. Der damalige Innenminister Karl Nehammer wohnte der Razzia live in einem Einsatzraum via Bildschirm bei und ließ dazu ein Foto von sich veröffentlichen. Er sprach von einem „entscheidenden Schlag gegen die Muslimbrüderschaft und gegen die Hamas in Österreich“. Doch bereits kurz darauf bot sich ein ganz anderes Bild, das sich in den vergangenen zwei Jahren immer mehr erhärtet hat.
Eine Justizfarce?
Inzwischen wird in Medienbeiträgen von einer „Justizfarce“ gesprochen. Trotz schweren Vorwürfen wie etwa „Terrorfinanzierung“ oder „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ wurde bislang keine einzige Anklage erhoben und auch keine Untersuchungshaft ausgesprochen. Bei 25 Beschuldigten mussten die Ermittlungen gänzlich eingestellt werden. Hausdurchsuchungen und Telefonabhörungen wurden für rechtswidrig erklärt. Darüber hinaus wurden Gutachter*innen, deren Expertise eine entscheidende Rolle beim Vorgehen der Justiz gespielt haben, gerichtlich für befangen erklärt. Die Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes von der Universität Wien spricht in einem Radio-Interview von einer „schweren Belastung“ für die Betroffenen der Razzia, die seit nunmehr zwei Jahren als verdächtig geführt werden und zum Teil auch sozial und wirtschaftlich blockiert seien. Betroffene selbst beschreiben das brachiale Vorgehen der Polizei als traumatisierend, insbesondere für Kinder, die bei den Wohnungserstürmungen anwesend waren.
Politische Inszenierung?
Kritik gibt es auch daran, dass für die Planung der „Operation Luxor“ die akute Bekämpfung von Terrorismus hintangestellt wurde. Eine bereits geplante Einvernahme des späteren Wien-Attentäters wurde aufgrund der aufwändigen Vorbereitungen für die Razzia verschoben. Auch steht der Vorwurf im Raum, die große politische Inszenierung rund um die Razzia habe dem Zweck gedient, vom Versagen im Vorfeld des Anschlags abzulenken.
„Knallerpolitik“ mit antimuslimischem Einschlag?
Darüber hinaus steht die Frage im Raum, ob es bei der „Operation Luxor“ auch um das ging, was das Team rund um den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz in Chats als „Knallerpolitik“ bezeichnet hat, nämlich im Rahmen einer populistischen und teilweise rassistischen Agenda für populäre Aufreger zu sorgen.
Dazu diskutieren unter der Moderation von Irene Brickner (Journalistin, der Standard):
- Dr. Reinhard Kreissl (Kriminalsoziologe)
- Dr. Benjamin Opratko (Politikwissenschaftler)
- Meysara Majdoub (Vertreterin der Kinderrechts-Organisation ACT-P)
- Mag. Leonhard Kregcjk (Anwalt des betroffenen Politologen Farid Hafez)
- Dr. Farid Hafez via Liveschaltung aus den USA (Politologe, Betroffener/Beschuldigter der "Operation Luxor")
- Vertreter*in Innenministerium (angefragt)
- Vertreter*in Justiz (angefragt)
Wann: Donnerstag, 17. November 2022, 19 Uhr
Wo: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien
Online: Livestreams auf den Facebook- und Instagram-Seiten von ZARA
Bisherige Medienberichte aus Anlass "Zwei Jahre Operation Luxor":
- Ö1-Bericht "Nach zwei Jahren immer noch keine Ergebnisse"
- Standard-Bericht "Nehammers Operation Luxor gegen angebliche Muslimbrüder hängt seit zwei Jahren in der Luft"
- Falter-Bericht "Zwei Jahre ihres Lebens"
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