
MigrantInnenorganisationen rufen zu Teilnahme an Pass egal Wahl auf
Neueste Zahlen belegen, wie stark die Demokratiekluft in Österreich inzwischen angewachsen ist. Gemessen am letzten Nationalratswahlergebnis würde die Gruppe der 835.000 Nichtwahlberechtigten österreichweit knapp hinter der FPÖ die viertstärkste Partei bilden. In Wien wären die Nichtwahlberechtigten sogar bereits die stärkste Partei.
Insgesamt werden bei den heurigen Nationalratswahlen erstmals mehr als 2,2 Millionen Personen im Wahlalter nicht mitstimmen. Mehr als ein Drittel davon tut dies nicht aus eigenem Willen, sondern weil sie aufgrund der strikten Koppelung des Wahlrechts an die Staatsbürgerschaft und den extrem restriktiven Einbürgerungsbestimmungen in Österreich von den Wahlen ausgeschlossen sind.
Um diesem Wahlausschluss entgegenzusteuern hält SOS Mitmensch am Dienstag von 15.00 bis 20.00 Uhr in einem Wahlzelt vor dem Innenministerium eine eigene Nationalratswahl für NichtstaatsbürgerInnen ab, die Pass egal Wahl. Erstmals wird damit ein Stimmungsbild über die politische Präferenz von Menschen ohne österreichischen Pass erhoben.
MigrantInnenorganisationen, wie derDachverband für serbische Vereine, das Netzwerk „Piefke-Connection“, die Zeitschrift Polonika, der Verlag BUM-Media oder Radio Afrika TV rufen zur Teilnahme an der Pass egal Wahl auf. Darüber hinaus machen sich prominente NichtösterreicherInnen wie ORF-Star Dirk Stermann, Austria-Trainer Nenad Bjelica, die Regisseurin Jacqueline Kornmüller, der Musiker Alp Bora, der Intendant des Schauspielhauses Andreas Beck, der FM4-Moderator John Megill sowie die Vizedekanin Regine Allgayer-Kaufmann für die Wahlaktion stark. Vier bundesweit kandidierende Parteien – die Grünen, Neos, KPÖ und Piraten – entsenden WahlbeisitzerInnen.
Beworben hat SOS Mitmensch die Pass egal Wahl mit einer Plakatkampagne, die unter anderem eine Neuversion des Kolaric-Kultplakats aus dem Jahr 1973 beinhaltete. „I haaß Kolaric, du haaßt Kolaric. Warum sogns’ zu dir Tschusch?“, lautete der Text des vor 40 Jahren im Rahmen der „Aktion Mitmensch“ veröffentlichten Kolaric-Plakats. „I wohn do, du wohnst do. Warum deafst du net wöhn?“, wundert sich eine junge Österreicherin heute über den Wahlausschluss ihres wesentlich größeren Gegenübers ohne österreichischen Pass.
„Menschen ohne österreichischen Pass sind ein wichtiger Bestandteil Österreichs. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum jemand, der hier über Jahre lebt, sich nicht demokratisch einbringen sollte“, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Pollak betont, dass zwei Drittel der eine Million in Österreich lebenden NichtösterreicherInnen schon länger als 5 Jahre hier lebt, beinahe die Hälfte sogar schon länger als 10 Jahre.
„Das Fernhalten hunderttausender langjährig ansässiger Menschen von den Wahlurnen führt zu einer Legitimitätskrise der Politik. Wir fordern die Regierung zu einer Abkehr von der demokratie- und integrationsfeindlichen Ausschlusspolitik auf“, so Pollak.
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