
Doppelpass tut niemandem weh
Während in Deutschland gerade eine Ausweitung der doppelten Staatsbürgerschaften beschlossen wurde, wird in Österreich eine kuriose Debatte geführt: Stehen zwei Pässe stellvertretend für "mangelnden Integrationswillen"? Dabei fordert selbst die FPÖ die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft ein.
In einer Aussendung wettert der Oberösterreichische FPÖ-Landesparteiobmann gegen Doppel-Staatsbürgerschaften, die die "geringe Integrationsbereitschaft bei Türken untermauern". Das kuriose dabei: Wenige Tage zuvor forderte die FPÖ selbst die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft ein. Bei einem Treffen zwischen FPÖ-Obmann Strache und einer italienischen Delegation wurde vehement die Forderung nach doppelten Staatsbürgerschaften für SüdtirolerInnen erhoben. Als Grund für die Notwendigkeit der doppelten Staatsbürgerschaft wurde angeführt: "Damit Menschen in Italien ihre Verbundenheit mit dem Heimatland Österreich zum Ausdruck bringen können“.
Wenn die FPÖ will, dass ItalienerInnen ihre Verbundenheit zu zwei Ländern - nämlich Italien und Österreich - zum Ausdruck bringen, warum diagnostiziert sie dann bei Personen aus anderen Ländern, die das gleiche tun wollen, plötzlich mangelnde Integrationsbereitschaft? Das heftige Schwanken der FPÖ zwischen dem Wissen, dass Doppelstaatsbürgerschaften sinnvoll sind, und dem Wissen, dass sich das Thema gut zum Schüren negativer Emotionen eignet, steht stellvertretend für die österreichische Staatsbürgerschaftspolitik. Es ist eine Politik, die sich aus Angst vor negativen Emotionen der Realität verweigert.
Während in Deutschland durch Ausweitung von Doppelpässen und durch die Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft per Geburt im Landesgebiet eine schrittweise Annäherung an die Realität stattfindet, sieht die österreichische Bundesregierung noch immer darüber hinweg, dass hier geborene und aufgewachsenen Kinder zu "Fremden" gemacht werden, weil ihnen, trotz des langjährigen legalen Aufenthalts ihrer Eltern, die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft per Geburt verweigert wird.
Es wird von der österreichischen Bundesregierung auch darüber hinweggesehen, dass es eigentlich ganz normal ist, dass Menschen, die in einem Land aufgewachsen sind, und die sich dann in ein anderes Land begeben, sich noch immer zu ihrem Herkunftsland verbunden fühlen. Auch Arnold Schwarzenegger bringt immer wieder seine Verbundenheit zu Österreich zum Ausdruck. Daran hat sich noch niemand gestoßen. Warum auch?
Es ist an der Zeit, dass Kindern, die in Österreich zur Welt kommen, nicht mehr die österreichische Staatsbürgerschaft vorenthalten wird. Es ist auch hoch an der Zeit, dass Doppelstaatsbürgerschaften als Abbild der Realität und als Türöffner zu mehr Integration anerkannt werden. Denn es ist nicht förderlich für die Integration einer Gesellschaft, wenn aufgrund einer realitätsfremden Politik die Anzahl der Passfremden immer weiter ansteigt.
Das schafft Ausschlüsse und verhindert Beteiligung. Die Forderungen von SOS Mitmensch für ein realitätsnahes Staatsbürgerschaftsrecht finden Sie HIER.
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