
SOS Mitmensch und das Europäische Netzwerk über Staatenlosigkeit begrüßen Verbesserung für Staatenlose
In einer gemeinsamen Stellungnahme begrüßen SOS Mitmensch und das Europäische Netzwerk über Staatenlosigkeit (ENS), dass Staatenlose künftig laut Parlamentsbeschluss nach ihrem 18. Geburtstag nicht nur zwei, sondern drei Jahre Zeit haben, um unter erleichterten Bedingungen die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen zu können. Die NGOs sehen jedoch die Notwendigkeit von weitergehenden Maßnahmen, insbesondere für in Österreich geborene Kinder.
Nur Minimalforderung erfüllt
„Die Reform ist ein erster kleiner Schritt gegen die seit Jahren ansteigende Staatenlosigkeit. Österreich erfüllt damit allerdings nur die Minimalforderung, zu der es sich international verpflichtet hat. Insgesamt macht die Bundesregierung weiterhin viel zu wenig, um Staatenlosigkeit zu verhindern“, betonen Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, und Leonhard Call, Vertreter des Europäischen Netzwerks über Staatenlosigkeit, in ihrem Statement.
Trinh Nguyen: „Betroffenen Sicherheit bieten“
Die in Österreich geborene Pädagogin Trinh Nguyen war selbst von Staatenlosigkeit betroffen. Sie zeigt sich erfreut über die jetzt beschlossene Verbesserung für Staatenlose. „Viele Menschen können sich nicht vorstellen, was es heißt, staatenlos zu sein. Man hat nicht nur keine Staatsbürgerschaft, sondern man besitzt auch keine feste Identität und vor allem keine Sicherheit. Ich habe damals das Zeitfenster für eine erleichterte Einbürgerung um einen Monat verpasst, wie mir erst im Nachhinein von meiner Sachbearbeiterin mitgeteilt wurde“, so Nguyen, die betont, dass es ihr besonders wichtig sei, dass die jetzt beschlossene Verlängerung des Zeitfensters aktiv an Betroffene herangetragen werde, um ihnen möglichst schnell Sicherheit anbieten zu können.
Neuer Staatenlosigkeitsrekord in Österreich
Laut aktuellen Zahlen der Statistik Austria lebten mit Anfang 2022 insgesamt 18.879 Menschen in Österreich, die den Kategorien „staatenlos“ (4.488), „Staatsangehörigkeit unbekannt“ (745) oder „Staatsangehörigkeit ungeklärt“ (13.637) zugeordnet wurden. Damit wird der bisherige Rekordwert aus dem Jahr 2021 noch einmal übertroffen. Mehr als zwei Drittel der von Staatenlosigkeit oder ungeklärter Staatsbürgerschaft betroffenen Personen sind in Österreich zur Welt gekommen.
Unfassbare zwei Drittel der Betroffenen hier geboren
„Wir finden es schockierend, dass so viele Menschen in Österreich von Staatenlosigkeit und ungeklärter Staatsbürgerschaft betroffen sind. Noch unfassbarer ist, dass zwei Drittel der Betroffenen bei uns geboren wurden. Für diese jungen Menschen bedeutet das Unsicherheit und Benachteiligung von Geburt an“, kritisieren Pollak und Call die bisherige Säumigkeit der österreichischen Politik.
Lösung: Automatische Einbürgerung bei Geburt
Die NGO-Vertreter verweisen darauf, dass in sämtlichen Nachbarstaaten Österreichs, die beim Staatenlosigkeits-Index von ENS teilnehmen, die automatische Einbürgerung bei Geburt für von Staatenlosigkeit bedrohte Kinder vorgesehen ist. So würden beispielsweise in Deutschland staatenlos geborene Kinder entweder automatisch bei der Geburt oder nach fünf Jahren mit rechtmäßigem Aufenthalt per Antrag die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.
Fehlende Infos durch Behörden
„In Österreich müssen staatenlose Kinder meist bis zu ihrem 18. Geburtstag warten, wo sich das nunmehr dreijährige Zeitfenster für eine erleichterte Einbürgerung öffnet. Das sind 18 lange Jahre. Noch dazu werden Betroffene über dieses Zeitfenster von den Behörden nicht informiert.“, fordern Call und Pollak sowohl weitere gesetzliche Anpassungen als auch eine verbesserte Information durch Behörden.
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