
Statistik Austria muss zu Behauptung von Staatssekretärin Plakolm Stellung nehmen
SOS Mitmensch fordert eine Stellungnahme der Statistik Austria zu den Aussagen von Staatssekretärin Claudia Plakolm betreffend die Anzahl Hiergeborener ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Die Politik habe keine Lizenz zum Irreführen, betont die Menschenrechtsorganisation.
Update: Uns wurde von der Statistik Austria ein Link zu einer Auswertung geschickt, die die Zahl von 250.811 Hiergeborenen ohne österr. Staatsbürgerschaft bestätigt. Frau Staatssekretärin hat somit die Unwahrheit gesagt. Wir fordern sie dazu auf, ihre im profil-Interview getätigte Falschbehauptung richtigstellen.
Plakolm bezeichnet Zahl der Statistik Austria als "nicht nachvollziehbar"
In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „profil“ hatte Plakolm die Zahl von mehr als einer Viertelmillion in Österreich geborenen Betroffenen in Frage gestellt und behauptet, die Statistik Austria würde die Zahl „nicht nachvollziehbar“ finden, obwohl es sich um eine Zahl der Statistik Austria handelt. SOS Mitmensch betont, es sei für eine seriöse Staatsbürgerschaftsdebatte unabdingbar, grundlegende statistische Zahlen außer Streit zu stellen.
Rasche Klärung notwendig
„Politiker*innen haben kein Recht, sich Zahlen so zurechtzubiegen, wie es ihnen gerade passt. Deshalb braucht es jetzt eine klare Stellungnahme der Statistik Austria zu der Behauptung von Staatssekretärin Plakolm, dass die auf der Webseite der Statistik Austria dargestellte Anzahl der Hiergeborenen ohne österreichische Staatsbürgerschaft fragwürdig sei“, fordert Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, eine rasche Klärung der Angelegenheit.
SOS Mitmensch hat bereits als Reaktion auf vorhergehende Aussagen von ÖVP-Politiker Andreas Khol ein Video veröffentlicht, das zeigt, wo man auf der Webseite der Statistik Austria die Zahl von mehr als einer Viertelmillion Hiergeborener ohne österreichische Staatsbürgerschaft findet
Zahl ist Alarmsignal
Pollak bezeichnet die auf der Webseite der Statistik Austria abrufbare Zahl von 250.811 in Österreich geborenen Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft als „Alarmsignal“. Die Zahl stehe für die „dramatischen Auswirkungen der Nichteinbürgerungspolitik der Bundesregierung“, so Pollak. Diese Auswirkungen würden nicht durch Verleugnen verschwinden, sondern es müsse, wie von zahlreichen Expert*innen gefordert, mit einer Staatsbürgerschaftsreform aktiv gegengesteuert werden, betont Pollak.
Plakolm muss Amt als Jugendstaatssekretärin umfassend wahrnehmen
„Sollte die Statistik Austria tatsächlich Staatsbürgerschafts-Zahlen veröffentlicht haben, die sie selbst nicht glaubt, dann muss sie das transparent machen und die Zahlen korrigieren. Wenn jedoch Staatssekretärin Plakolm die Unwahrheit sagt, dann muss es von ihr umgehend eine Richtigstellung und eine Entschuldigung geben, denn Regierungsmitglieder haben keine Lizenz zum Irreführen“, erklärt SOS Mitmensch-Sprecher Pollak. Vor allem aber müsse Plakolm ihr Amt als Jugendstaatssekretärin umfassend wahrnehmen und auch die Interessen jener junger Menschen vertreten, denen die Staatsbürgerschaft bislang trotz Geburt in Österreich vorenthalten wurde, so Pollak.
Österreich Schlusslicht in der EU
Hintergrund: Mit einer Einbürgerungsrate von 0,6 Prozent gehört Österreich zu den Einbürgerungs-Schlusslichtern in Europa. Von 1.000 hier lebenden Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft werden pro Jahr nur sechs eingebürgert. Laut Statistik Austria haben mehr als eine Viertelmillion in Österreich geborene Menschen bislang nicht die Staatsbürgerschaft erhalten. Österreichs Staatsbürgerschaftsgesetz gilt laut der unabhängigen MIPEX-Studie aufgrund der hohen Hürden, wie etwa dem selbst von in Österreich geborenen Kindern geforderten Mindesteinkommen, als das restriktivste in der EU.
Anfang 2021 startete SOS Mitmensch die #hiergeboren-Initiative: Seitdem ist die NIchteinbürgerungs-Schere in Österreich immer weiter aufgegangen, wie die akkumulierten Geburten- und Einbürgerungs-Zahlen der Statsistik Austria belegen
SOS Mitmensch hat im vergangenen Jahr die „#hiergeboren-Initiative“ gestartet, die von mehr als 40.000 Menschen unterstützt wird. Die Menschenrechtsorganisation fordert im Rahmen der Initiative unter anderem ein bedingungsloses Recht auf die österreichische Staatsbürgerschaft für hier geborene und hier aufgewachsene Kinder, deren Eltern schon Jahre in Österreich leben.
Einbürgerungslücke wuchs 2021 um weitere 14.100
Im vergangenen Jahr kamen mehr als 17.500 Kinder in Österreich zur Welt, ohne die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Im gleichen Zeitraum sind laut Zahlen der Statistik Austria nur 3.402 in Österreich geborene Personen eingebürgert worden. Damit ist die Einbürgerungslücke bei hier geborenen Personen im Jahr 2021 um mehr als 14.100 angewachsen. Insgesamt gibt es nun bereits über eine Viertelmillion Menschen, die trotz Geburt in Österreich bislang keine österreichische Staatsbürgerschaft erhalten haben.
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