5 Fragen & Antworten zum Thema Einbürgerung
In kaum einem anderen europäischen Land sind die Einbürgerungsbestimmungen so ausgrenzend und die Einbürgerungsrate so gering wie in Österreich. Immer mehr hier lebende Menschen sind von der österreichischen Staatsbürgerschaft und damit auch von wichtigen Rechten, wie etwa dem Wahlrecht, ausgeschlossen. Viele der Betroffenen leben schon lange in Österreich oder sind sogar hier geboren. Im folgenden fünf Fragen und Antworten zur Einbürgerung in Österreich.
Worauf baut das Konzept Staatsbürgerschaft in Österreich auf? |
Das Konzept Staatsbürgerschaft baut in Österreich noch immer weitgehend auf dem Abstammungsprinzip – auch „ius sanguinis“ oder „Blutrecht“ genannt – auf. Nach dieser Logik wird man nicht als Österreicher bzw. Österreicherin gesehen, weil man in Österreich geboren oder aufgewachsen ist, sondern weil die Eltern und deren Vorfahren bereits ÖsterreicherInnen waren.
Das hat zur Folge, dass viele in Österreich geborene Kinder nicht die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten, auch dann nicht, wenn ihre Eltern schon lange legal in Österreich niedergelassen sind. |
Wie wird man österreichische Staatsbürgerin? |
Die Hürden zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sind für alle, die nicht das richtige „Blut“ haben, sehr hoch. In Österreich lebende Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft können einen Antrag auf Einbürgerung erst frühestens nach sechs bis zehnjährigem durchgehendem Aufenthalt stellen.
Außerdem müssen hohe Einkommenshürden übersprungen werden, die selbst von Vollzeitbeschäftigten nicht immer erreicht werden: „Nachweis fester und regelmäßiger eigener Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen im Durchschnitt von 36 Monaten aus den letzten 6 Jahren vor dem Antragszeitpunkt, wobei jedenfalls die letzten geltend gemachten sechs Monate unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt liegen müssen.“
Neben Mindesteinkommen und langjährigem Aufenthalt müssen noch weitere Kriterien, wie nachzuweisende Deutschkenntnisse oder Unbescholtenheit erfüllt werden. Darüber hinaus ist die Verleihung der Staatsbürgerschaft mit Kosten verbunden, die oft mehrere tausend Euro ausmachen und bis zu zehn Mal so hoch ausfallen können wie in Deutschland. |
Wieviel muss man verdienen, um die Staatsbürgerschaft beantragen zu können? |
Wer einen österreichischen Pass beantragt, muss netto, also nach Abzug aller Steuern, über einen Zeitraum von drei Jahren innerhalb der letzten sechs Jahre einen monatlichen Nettoeinkommensbetrag von 966,65 Euro, plus einen Großteil der Mietkosten (alles, was 294,65 Euro übersteigt), plus 149,15 Euro pro Kind, plus etwaige Kreditraten, plus sonstige regelmäßig anfallende Aufwendungen, nachweisen. Für Familien in einem gemeinsamen Haushalt beträgt der Richtsatz 1.524,99 Euro plus einen Großteil der Mietkosten, plus 149,15 Euro pro Kind, plus etwaige Kreditraten, plus sonstige regelmäßig anfallende Aufwendungen (siehe die Richtsätze des § 293 ASVG). Insbesondere teilzeitbeschäftigte Personen (75 Prozent der Teilzeitjobs werden von Frauen gemacht) fallen oftmals komplett durch den Staatsbürgerschaftsraster.
SOS Mitmensch ist aber auch auf mehr als 600 Berufssparten gestoßen, bei denen auch eine Vollzeitbeschäftigung nicht genügend Lohn abwirft, um als AlleinerhalterIn einer Familie die Einkommenshürde für die Einbürgerung zu überspringen. Dazu zählen eine Reihe an Berufen, in denen Frauen stark vertreten sind, wie etwa FriseurIn, KassiererIn, SekretärIn oder KellnerIn.
Während Arbeiterinnen laut Statistik Austria ein durchschnittliches Gehalt von 12.000 Euro brutto im Jahr beziehen, müssen Einbürgerungswillige, je nachdem, ob sie alleine leben oder eine Familie versorgen müssen, über einen längeren Zeitraum zwischen 16.000 und 30.000 Euro brutto verdienen, um eine Chance auf die Einbürgerung zu erhalten. - Das alles gilt auch für Menschen, die bereits seit 15, 20 oder noch mehr Jahren in Österreich leben!
Auch wer in Österreich geboren wurde und wessen Eltern keine ÖsterreicherInnen sind, hat kein bedingungsloses Anrecht auf die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, sondern ist ebenfalls abhängig von der Erfüllung sämtlicher Einbürgerungskriterien (bis zur Volljährigkeit durch die Eltern).
Wer also beispielsweise dauerhaft ein zu geringes Einkommen oder eine zu geringe Pension bezieht, kann für den Rest des Lebens nicht Österreicher/in werden und bleibt dauerhaft von demokratischen Grundrechten ausgeschlossen! |
Was fordert SOS Mitmensch in Punkto realitätsnahe Einbürgerungsbedingungen? |
1. Verleihung der Staatsbürgerschaft per Geburt an Kinder, die in Österreich geboren wurden und deren Eltern rechtmäßig und längerfristig in Österreich niedergelassen sind.
2. Verkürzung der Wartefristen für die Einbürgerung und Orientierung am Lebensmittelpunkt statt am Aufenthaltstitel.
3. Abschaffung der Einkommenserfordernisse, damit der Pass keine Geldsache ist und GeringverdienerInnen nicht von wichtigen Rechten ausgeschlossen werden.
4. Schaffung eines bedingungslosen Rechtsanspruchs auf die Staatsbürgerschaft für Menschen, die in Österreich geboren oder aufgewachsen sind oder schon sehr lange hier leben.
5. Ermöglichung der Doppelstaatsbürgerschaft für eingewanderte Menschen. Denn die Doppelstaatsbürgerschaft schafft Anreize und Möglichkeiten sich verstärkt in Österreich demokratisch einzubringen, sie stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und sie steht nicht für den Zwang, etwas aufgeben zu müssen, sondern für die Freiheit, neue Wege beschreiten zu können. Sogar die FPÖ fordert vehement die Doppelstaatsbürgerschaft für bestimmte Personengruppen (nämlich Menschen aus Italien) und zeigt damit, dass es sich um ein funktionierendes Instrument handelt und Menschen mehr als nur ein Land haben können, zu dem sie sich zugehörig fühlen.
6. Senkung der bis zu zehnmal so hohen Einbürgerungsgebühren wie in Deutschland. |
Wie sieht der internationale Vergleich in Sachen Einbürgerung aus? |
In Sachen Einbürgerungsbestimmungen gehört Österreich zu den restriktivsten EU-Staaten. Fast alle EU-Länder haben teils deutlich höhere Einbürgerungsquoten als Österreich. Spitzenreiter war 2017 Schweden, wo 8,2% der dort lebenden Nicht-Staatsangehörigen pro Jahr eingebürgert wurden. Deutschland findet sich mit seinen 1,4% schon im untersten Drittel und ist dennoch weit vor Österreich, das nur ca. 0,7% der ansässigen Nicht-StaatsbügerInnen pro Jahr einbürgert.
Das heißt, in Österreich werden pro Jahr von 1.000 Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft nur sieben eingebürgert, 993 bleiben von politischer Teilhabe ausgeschlossen. |
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