Die letzte Kolumne
CLARTEXT. Nach zehn Jahren nehme ich Abschied. Mit einem Rückblick und einem Appell.
Clara Akinyosoye sagt es nicht durch die Blume. Eine Kolumne über Diversität und Migration.
Ein Beitrag im neuen MO - Magazin für Menschenrechte.
Jetzt mit einem MO-Solidaritäts-Abo unterstützen!
Mit Thilo Sarrazins Buch über „Tugendterror“ hatte ich 2014 hier mein Kolumnen-Debüt. Dieser Tage habe ich einen Blick auf die rund 40 Kolumnen geworfen, die ich in den vergangenen zehn Jahren verfasst habe: über politische Korrektheit, Rassismus, Sexismus, mangelnde Vielfalt in den Medien und mühsame Asyl- und Integrationsdebatten. Als ich die Kolumne gestartet habe, hatten wir die Flüchtlingsbewegung 2015 noch vor uns – genauso wie die Willkommenskultur und die Silvesternacht in Köln. Wer hätte damals gedacht, dass es ein paar Jahre später ein Kopf-an-Kopf-Rennen um das Amt des Bundespräsidenten zwischen dem Grünen Alexander Van der Bellen und dem Blauen Norbert Hofer geben könnte? Eine Wahl, die Spaltungstendenzen in der Gesellschaft sichtbar machen sollte. 2014 wäre der Gedanke an eine Pandemie und Lockdowns und die daraus resultierenden sozialen Verwerfungen undenkbar gewesen. Vor zehn Jahren sah die Welt noch anders aus: Donald Trump war noch kein Politiker und die Brit:innen waren noch in der Europäischen Union. Die Zeiten sind beängstigender, die Spaltungstendenzen sind stärker und die Zahl der Menschen, die sich in Filterblasen bewegen – auch durch soziale und so genannte alternative Medien – wird größer. Aber es wäre fatal, zu resignieren und angesichts der multiplen Krisen und mühsamen Debatten den Rückzug ins Private anzutreten, oder sich in die eigene Filterblase zu retten. Mein Appell: Bleiben wir im Gespräch und reden wir über die besten Argumente. Die multiethnische Gesellschaft ist so ein Thema, über das gern diskutiert wird – meist emotional, meist ohne Verständnis für andere Lebensrealitäten. Die Medien lassen diesbezüglich auch oft aus. Das stört mich seit Ewigkeiten, daher versuche ich jetzt meinen Beitrag zu leisten: Ich habe die Leitung des ORF-Magazins Heimat Fremde Heimat übernommen. Und mein Anspruch ist es, ein differenziertes, faires und ehrliches Bild der multiethnischen Gesellschaft zu zeichnen. Ein Anfang und ein Ende, habe ich mir gedacht. Nach zehn Jahren sage ich daher Danke für das Lesen meiner Kolumne und ich hoffe eigentlich, ich werde Ihnen abgehen. Sie werden mir jedenfalls fehlen.
Clara Akinyosoye ist ORF-Journalistin und im Vorstand des Frauennetzwerks Medien.
Unterstützen Sie jetzt unabhängigen Menschenrechtsjournalismus mit einem MO-Magazin-Solidaritäts-Abo