Ein Stück Heimat mitten in Wien
25 Jahre PROSI: Ob Zutaten für die indische, vietnamesische, mexikanische oder nigerianische Küche, wer in Wien wohnt, weiß, beim PROSI gibt es alles. Menschen aus der asiatischen Diaspora – und nicht nur sie – finden hier in Wien Neubau ein Stück Zuhause.
Text und Fotos: Lotte Blumenberg.
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Grüne Schrift auf knalligem Gelb mit einem roten Rand – das PROSI-Logo ist alles andere als unauffällig. Der PROSI Exotic Supermarket ist eine Institution in Wien. Seit 25 Jahren versorgt er seine Kundschaft mit Waren aus aller Welt. Die Lage am Neubaugürtel, Ecke Kandlgasse, vis-á-vis von einem Erotik-Nachtclub, löst zunächst keine Gefühle von der weiten Welt aus. Ganz anders jedoch, sobald man die drei Stufen in den Supermarkt hinuntergeht. Es riecht intensiv nach Curry, vermischt mit einer Vielzahl anderer Gewürze. Die gut gefüllten Regale erstrecken sich nach links, rechts und geradeaus. Auf den ersten Blick wirkt PROSI nicht sehr groß, auf den zweiten Blick ist die Auswahl auf 400 Quadratmetern riesig.
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MITTLERWEILE FÜHRT DER PROSI-SUPERMARKT
MEHR ALS 10.000 PRODUKTE AUS ÜBER 60 LÄNDERN.
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Prince Pallikunnel kam 1990 aus Indien nach Österreich zum Studieren und eröffnete 1992 einen kleinen indischen Laden, gemeinsam mit einem Geschäftspartner. Der PROSI-Supermarkt an seiner heutigen Adresse entstand im Oktober 1999, zunächst auf 120 Quadratmetern. Die heutige „PROSI Exotic World“, bestehend unter anderem aus zwei Supermärkten, einem Restaurant und einem Kosmetiksalon, ist ein Familienbetrieb, an dem unter anderem Pallikunnels Geschwister und seine Tochter beteiligt sind. Der Name ist eine Abkürzung und steht für Politeness, Respect, Obedience, Service, Intimacy, erklärt Prince Pallikunnel beim Interview in seinem Büro, das in einem Seitengang des Supermarkts liegt. „Intimacy“ bedeute in diesem Kontext, dass es um die persönliche Beziehung zu den Kund:innen gehe. Man sei wie eine Familie. In einem gewöhnlichen österreichischen Supermarkt gehe es eher anonym zu. Personal und Kundschaft kennen sich in der Regel nicht. Bei PROSI sei das anders, er kenne seine Kund:innen und begrüße sie persönlich. Manchmal werde er sogar in der U-Bahn erkannt und mit „Hallo, Prosi“ angesprochen, erzählt Pallikunnel.
Sunaria Heilmann wohnt in Baden bei Wien, aber fährt zwei- bis dreimal pro Monat für den Einkauf in den Supermarkt nach Wien: „Wer Essen liebt und gerne kocht, kommt hierher.“
Ein Stück Philippinen in Wien
Die Entwicklung von einem kleinen indischen Geschäft hin zu einem Supermarkt mit mehr als 10.000 Produkten aus über 60 Ländern ist durch die große Nachfrage entstanden. Pallikunnel erzählt, dass in seinem ersten Geschäft immer wieder Menschen aus anderen asiatischen, aber auch aus afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern nach Produkten fragten, die sie aus ihrer Heimat kannten. So entstand die Idee des „ersten exotischen Supermarkts“ in Österreich. Bis heute sei es so, dass auf Nachfrage spezielle Produkte besorgt werden können, erzählt John Mark Bacolod, der seit zehn Jahren in Wien lebt und ebenso lange Kunde bei PROSI ist. Er kauft mehrmals die Woche bei PROSI ein und hebt die große Auswahl hervor: „Alle Zutaten, die ich von zuhause kenne und zum Kochen brauche, kann ich bei PROSI kaufen.“ Der Supermarkt gebe ihm das Gefühl, einen Teil seiner philippinischen Heimat in Wien zu haben.
Auch Sunaria Heilmann kauft schon seit Langem bei PROSI ein. Als sie ihren Einkaufswagen durch die Gänge schiebt, wird sie herzlich von Greshma Pallikunnel, der Tochter von Prince Pallikunnel, begrüßt: Man kennt sich. Sunaria Heilmann erzählt, dass sie Kundin der ersten Stunde sei. Sie kam vor mehr als 30 Jahren aus Indien nach Österreich und lebt inzwischen mit ihrem österreichischen Mann in Baden bei Wien. Sie kauft zwei- bis dreimal im Monat bei PROSI ein. Meistens sei es ein Großeinkauf, heute jedoch nicht, da sie nicht mit dem Auto da ist. In ihrem Einkaufswagen liegen unter anderem gefrorene Jackfruit, ein Curry-Fertiggericht, Gewürzmischungen für ein Gericht mit Kokosmilch und Upma, eine Art indischer Grießbrei. „Das Besondere an PROSI ist die große Auswahl an Waren aus aller Welt. Ich bin viel gereist und esse auch gerne zum Beispiel persische oder thailändische Küche, das gibt es hier alles. Wer Essen liebt und gerne kocht, kommt hierher”, sagt sie lachend.
John Mark Bacolod kauft mehrmals pro Woche bei PROSI ein: „Hier gibt es alle Zutaten, die ich von zuhause kenne und zum Kochen brauche.“
Mindestens so divers wie die Waren ist auch die Kundschaft: „Am Anfang hatten wir circa zehn Prozent österreichische Kundschaft, jetzt sind es schon 35 Prozent. Viele Leute reisen in die Ferne und wollen dann hier in Wien auch ab und zu die Gerichte essen, die sie von ihren Reisen kennen“, erläutert Pallikunnel. Die restliche Kundschaft teile sich auf in Menschen aus asiatischen, afrikanischen, lateinamerikanischen und europäischen Ländern. Im September 2024 wurde der Supermarkt mit dem Genuss Award der Wirtschaftskammer in der Kategorie „Feinkost“ ausgezeichnet. Er sei eine „kulinarische Weltreise mitten in Wien“.
Ein Großteil der PROSI-Geschäfte (Supermarkt, Restaurant und Kosmetikstudio) befindet sich in der Kandlgasse im siebten Bezirk – wohin das Auge schaut, ist das PROSI-Logo in verschiedenen Varianten zu sehen. Jedes Jahr im Juni findet dort auch ein großes Straßenfest mit Musik und Essen, das PROSI Exotic Festival, statt. Das sei einfach ein Dankeschön an die Kund:innen, sagt Pallikunnel. Auch Kochkurse gibt es, sie finden jeden Freitag direkt im Supermarkt statt. Gekocht werden Gerichte aus aller Welt, an vielen Terminen indische Küche. Anfang 2024 eröffnete eine zweite Filiale im Citygate Einkaufszentrum im 21. Bezirk.
Das PROSI-Universum wächst weiter und versorgt die Kundschaft in Wien mit allem: von Kochbananen und frischen Chilis über Tee aus der asiatischen Ume-Pflaume bis hin zu Ramen-Nudeln, eingelegtem Ingwer, japanischen Mochis und mindestens neun verschiedenen Sorten Fischsoße. Und bringt damit ein Stück Heimat für viele Menschen nach Wien.
Lotte Blumenberg ist freie Journalistin in Wien und schreibt unter anderem für das Südwind-Magazin. Ihre Schwerpunkt sind Ungleichheit, Rassismus und Feminismus.
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