
Ein tiefsitzendes patriarchales Problem
Gewalt an Frauen ist ein globales Problem. Es ist ein strukturelles Problem und hat System. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Kommentar: Maria Rösslhumer
Es hat auch nichts mit einer bestimmten Herkunft oder Nationalität zu tun. Gewalt an Frauen kommt in allen gesellschaftlichen Bereichen und auch Schichten vor. Es ist auch kein Problem, dass nur in sogenannten ärmeren Schichten oder in Arbeiterfamilien oder nur in migrantischen Familien vorkommt. Auch in den oberen Schichten, in den sogenannten „besseren Kreisen“ unserer Gesellschaft kommt Gewalt an Frauen genauso vor. Nicht selten haben es gerade diese Frauen noch viel schwerer sich aus einer Gewaltbeziehung zu lösen, weil ihre Männer oft angesehene Persönlichkeiten wie Politiker, Polizisten, Ärzte oder Rechtsanwälte sind. Männer, die gut vernetzt sind und alle Mittel einsetzen, das Leben ihrer Partnerinnen zu zerstören. Viele dieser Frauen bestätigen uns, dass sie keine Chance bei Gericht und Behörden haben, weil ihnen sowieso nicht geglaubt wird.
Gewalt an Frauen ist ein tiefsitzendes patriarchales Problem. Es ist ein globales Männerproblem. Es ist auch eine Pandemie, jede 3. Frau ist laut WHO von dieser Gewalt betroffen. Bei gewalttätigen Männern handelt es sich um Männer, die ein tiefsitzendes patriarchales Denkmuster und frauenverachtende Einstellungen haben. Sie neigen dazu Gewalt an Frauen und Kindern anzuwenden – unabhängig von Nationalität, Herkunft oder Hautfarbe. Dabei handelt es sich oft um ein erlerntes Muster, um ein anerzogenes und sozialisiertes Verhalten, das bereits in der frühen Kindheit verankert ist und sich später verstärkt, weil es oft toleriert wird.
Das Leben der (Ex)-Partnerin zerstören
Viele dieser Männer mussten meist schon in der Kindheit Gewalt an der Mutter mitansehen. Sie haben den Frauenhass des Vaters miterlebt und begonnen, sich mit dem Vater zu identifizieren. Diese Männer haben nicht gelernt, Konflikte oder Probleme gewaltfrei zu lösen. Sie haben nicht gelernt, mit ihren Gefühlen gut umzugehen. Sie sind daher oft nicht in der Lage, Bedürfnisse, Wünsche und Probleme mit jemandem zu besprechen. Schon gar nicht mit der eigenen Freundin oder Partnerin. Sie machen sich alles mit sich selbst aus, schlucken alle Kränkungen hinunter, können keine Fehler zugeben. Darüber hinaus haben diese Männer meist kein Schuldbewusstsein und ein starkes Besitzdenken.
Sie geben die Verantwortung an die Frau und an die Kinder ab. Für diese Männer gibt es oft nur ein Ja oder Nein, jede Gegenmeinung wird als Provokation empfunden. All das macht eine Partnerschaft für Frauen oft zu einer gefährlichen Lebensform. Für gewalttätige Männer spielen Macht und Kontrolle eine zentrale Rolle. Wenn sich Frauen von ihren gewalttätigen Partnern trennen wollen, wenn sie Anzeige erstatten oder die Polizei rufen, dann kommt es zu den gefährlichsten Situationen. Täter kommen mit dem Macht- und Kontrollverlust nicht zurecht und überlegen, wie sie das Leben ihrer (Ex-)Partnerin zerstören können. Es handelt sich meist um Wiederholungstäter. Sie sind erst dann zu stoppen, wenn sie Konsequenzen und Sanktionen erfahren. Gewalttäter sind nicht krank oder schwach. Gewalttäter wenden oft ganz bewusst Strategien und Tricks an, um von ihrem gewalttätigen Verhalten abzulenken, die Betroffenen zu beeinflussen und ihre eigenen Taten zu verschleiern oder zu rechtfertigen. Sie neigen dazu, die Umgebung zu manipulieren.
Maria Rösslhumer ist Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser.
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