Haia Haddad: „Arbeit heißt, mich und meinen Weg zu verwirklichen.“
Wer sind die Menschen, die nach Österreich geflüchtet sind und sich hier ein neues Leben, fernab von Krieg und Verfolgung aufbauen? Immer mehr von ihnen schaffen es, in Österreich Fuß zu fassen. Viele haben inzwischen einen Job gefunden. Um diesen Menschen eine Stimme und ein Gesicht zu geben, haben wir Gespräche mit Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan geführt. Wir stellen sie in der Reihe „Ich lebe und arbeite in Österreich“ vor. Heute: Haia Haddad, 24 Jahre, syrischer Pass.
„Der 16. November 2015 war der Tag, an dem ich in Österreich angekommen bin“, erzählt die 24jährige Haia Haddad. Ihren Asylbescheid erhielt sie nur wenige Tage später. „Im Gegensatz zu anderen Flüchtlingen musste ich nicht lange auf mein Asyl warten, da ich durch ein Resettlement-Programm hierher kommen konnte. Es gab insgesamt nur 1900 Personen die auf diesen Weg nach Österreich gekommen sind.“
Arbeiten und warten
„Wir hatten das Glück, dass eine gute Bekannte von meiner Familie uns damit geholfen hat“, erzählt sie weiter, „wir sollten in Syrien bzw. im Libanon warten, das hat etwa ein Jahr gedauert. Nach zwei Interviews in der österreichischen Botschaft haben wir dann das Visum bekommen. Das Warten war nicht besonders angenehm, aber es hat funktioniert.“
Während ihrer Wartezeit im Libanon fand Haia Haddad Arbeit in einer Filiale der Bekleidungskette „Tally Weijl“. Nach Europa kam Haia gemeinsam mit zwei ihrer Schwestern. Ihre dritte Schwester konnte schon ein halbes Jahr vorher nach Österreich kommen, ebenfalls durch das Resettlement-Programm.
Ohne Eltern
Haia Haddads Vater starb noch in Syrien, ein Jahr vor dem Krieg, ihre Mutter bekam in Deutschland Asyl, wo sie seit 2014 lebt. Die Töchter wollten gemeinsam mit ihr nach Berlin, aber nur der Mutter wurde dort Asyl gewährt. „Familienzusammenführung hat für uns nicht geklappt, weil wir schon erwachsen sind. Ich lebe gerne in Österreich und unserer Mutter kommt uns in Wien besuchen, wenn sie keinen Deutschkurs in Berlin hat.“
Wirtschaftsstudium in Aleppo
Während Haia Haddad in Aleppo Wirtschaft mit Schwerpunkt Marketing studiert hat, arbeitete sie dort in einem Startup-Projekt, wo sie ihr Wissen im Bereich Marketing bereits einsetzen konnte. Die Flucht unterbrach ihr Studium. Hier in Österreich setzt sie ihr Betriebswirtschafts-Studium nun fort. Durch das „MORE“-Programm an der Wirtschaftsuniversität, das Interessierte auf ein Studium vorbereitet, erfuhr sie vom Unternehmen „More Than One Perspective“ (kurz: MTOP), für das sie heute arbeitet.
Abwechslungsreiche Hilfe mittels Arbeit
Bei „More Than One Perspective“ werden Geflüchtete, die mit einer akademischen Ausbildung nach Österreich kommen unterstützt, um hier beruflich Fuß zu fassen. Bei MTOP ist Haia Haddad für das Online-Marketing, das Community Management und die Rekrutierung der Associates (die geflüchteten AkademikerInnen) zuständig. „Meine Arbeit hier ist sehr, sehr abwechslungsreich“, lacht sie.
Arbeit bedeutet alles für Haia Haddad: „Die sich daraus ergebenden Perspektiven und Ziele begleiten einen das ganze Leben“, sagt sie, „Arbeit heißt, mich und meinen Weg zu verwirklichen“, so Frau Haddad. Langfristig will sie viele Erfahrungen sammeln, ein Masterstudium abschließen und im Marketing & Sales Bereich arbeiten.
Wunsch nach Chance für alle Geflüchtete
Sie wünscht sich von den Menschen in Österreich, dass jene, die hierherkommen eine Chance bekommen zu zeigen, wer sie sind und was sie können, und dass man nicht einfach an den negativen Stereotypen festhält, die durch die Medien geistern.
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