Neues aus der Parallelgesellschaft
Österreichische Muslime werden oft als religiöse Fanatiker oder als Parallelgesellschafter portraitiert, den Durchschnitt sucht man vergeblich. Ein persönlicher und humorvoller Blick auf den Alltag einer wienerisch-muslimischen Suderantin. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Text: Nour El-Houda Khelifi
Die Regierung greift erneut hart durch und beschließt eine Islamgesetz-Novelle, die mutmaßlich für mehr Transparenz, aber auch Sicherheit in Österreich sorgen soll. Konkret heißt das, dass Einrichtungen wie Moscheegemeinden im Falle von Gesetzesverstößen schneller geschlossen werden sollen, leichtere Kontrollen von Geldflüssen, Verbot der Auslandsfinanzierung, sowie eine führende Liste aller Funktionsträger*innen, Träger und Imame. Dass die Änderungen des besagten Islamgesetzes Teil des Anti-Terror-Pakets sind, ist hinsichtlich des antimuslimischen Kurses, den die Regierung unter der ÖVP seit Jahren fährt, nicht überraschend. Um Terror zu bekämpfen braucht es in Österreich auf jeden Fall mehr Finanzierung und Fachkräfte im Bereich der Prävention und Deradikalisierung. Diskriminierende Gesetze aber, die noch stärker in die Kirchen und Gemeinden intervenieren, werden die hitzigen Diskussionen nur weiter entfachen. Expert*innen und auch Teile der Politik kritisieren die verfassungsrechtliche Problematik der Novelle. Der Religionsrechtsexperte Andreas Kowatsch sieht in einem Interview in Religion ORF eine „Verquickung von religionsrechtlichen, kultusrechtlichen und sicherheitspolizeilichen Fragen“.
Islamgesetz-Drama in drei Akten
Es ist kompliziert, zweifellos, selbst mir schwirrt der Kopf. Dennoch gibt es viele Muslim*innen, denen die Tragweite dieser Novelle nicht bewusst ist. Wie auch, wenn das Thema Religion erneut mit Terror und Sicherheit verknüpft wird. Eine regelrechte Lethargie hat sich entwickelt, denn der Staat macht was er will. Eine gefährliche Einstellung, genauso wie die Umstände, die das begünstigen. Politische Arbeit soll Bürger*innen nicht dazu bringen, sich gar nicht mehr politisch oder gesellschaftlich einzubringen. Auch ich muss immer wieder gegen diese politische Ohnmacht ankämpfen.
Jemand wie mich hassen - warum?
Ich gehöre zur Generation Strache, ich habe ihn aufsteigen und fallen sehen. Ich habe die antimuslimischen Slogans als Kind mitbekommen und nicht so ganz verstanden, warum man jemanden wie mich hassen müsste. Als Teenager hoffte ich, dass es „nur“ bei Slogans bleiben würde. Mittlerweile wird die Diskriminierung von einer Bevölkerungsgruppe aber in der Bundesregierung vorangetrieben, unter dem Vorwand, die muslimischen Österreicherinnen und Österreicher zu schützen. Menschen schützen, in dem man ihnen schadet und sie 24/7 unter Generalverdacht stellt? Diese Rechnung geht in meinem Kopf nicht auf. Ich frage mich, was das langfristige Ziel solcher Gesetze sein soll. Es fühlt sich an, als ob die ÖVP-Regierung immer wieder versucht, die Grenzen der Verfassung auszuloten. Es wird an der Zeit, dass sich alle Beteiligten fangen und nicht nur einen verfassungskonformen, sondern auch menschlichen Zugang zueinander finden, wie man gesamtgesellschaftlich diese Probleme angehen und vor allem Terror Einhalt gebieten kann.
Ich kann es gar nicht oft genug betonen: das letzte was wir in Österreich brauchen sind junge muslimische Menschen, die sich abkapseln und das Vertrauen in den Staat verlieren. Diese Menschen müssen wir halten und empowern anstatt ihnen das Gefühl zu geben, dass sie potenzielle Gefährderinnen und Gefährder sind.
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