
Niemand kann es so wie wir!
Die nigerianische Sängerin und Label-Gründerin Simi macht sehr erfolgreich Afro-Pop und -Soul. Sie hat es auf die ganze Welt abgesehen. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Interview: Amira Ben Saoud
Wann bagannen Sie sich dafür zu interessieren, mit Ihrer Musik in den Mainstream zu gehen?
Ich denke, das war 2014. Zwischen 2008 bis 2014 habe ich Gospel und Inspirational Music gemacht. Mit Mainstream-Musik habe ich angefangen, als ich meinen Vertrag bei meinem früheren Label unterschrieben habe. Ich habe dann versucht, in unterschiedlichen Genres Musik zu schreiben, habe experimentiert und versucht etwas zu finden, bei dem ich mich wohl gefühlt habe.
Sie hatten damit gleich Erfolg. Was waren bislang die einprägsamsten Momente Ihrer Karriere?
Sicherlich als ich 2017 mein erstes Mainstream-Album “Simisola” herausgebracht habe und die großen Konzerte. Aber ich kann das gar nicht auf einzelne Momente herunterbrechen. Ohne die kleinen Puzzle-Stücke kann man das große Ganze gar nicht sehen.
Was hat Ihr Interesse an Musik generell geweckt?
Als ich acht Jahre alt war, habe ich eine spezielle Nummer in der Kirche mit meinen Freunden gesungen. Viele Leute meinten dann, dass ich eine schöne Stimme habe. Ich war schon damals von der Idee fasziniert, Melodie und Text zusammenzubringen. Da war mir klar, dass Musik ein wirklich großer Teil meines Lebens sein wird.
Und da haben Sie sie schon als Karriereoption ins Auge gefasst?
Nein, erst als Teenager. Ich war in einer Musikgruppe, wir nahmen zusammen auf. Bei meiner ersten Aufnahme war ich 14 oder 15 und da wusste ich, dass es Musik ist, was ich machen werde.
Wurden Sie von Ihren Eltern und Freunden dabei unterstützt?
Ja, und das war das Beste, was mir passieren konnte. Speziell, weil ich es als Frau zu dieser Zeit in diesem Teil der Welt machen wollte – wo ja eher alle versuchen, einem abzuraten. Aber gerade meine Mutter hat mich unterstützt und das hat mich dazu angetrieben, alles in meiner Macht stehende zu tun, um in dieser Industrie herauszustechen.
Welche musikalischen Einflüsse oder Vorbilder haben Sie?
Als ich angefangen habe, Musik zu hören und meinen eigenen Sound zu kreieren, habe ich viel Lauryn Hill und Usher gehört.
Sie arbeiten auch als Tontechnikerin und Produzentin und haben mittlerweile ihr eigenes Label, was ja generell untypisch ist und als Frau nochmal mehr. Wie sind ihre Erfahrungen?
Ich denke, die Leute erwarten das einfach nicht von einer Frau, also muss man selbst die Initiative ergreifen. Man muss beweisen, dass man fähig ist, es zu machen, dass man sich mit dem Business auskennt. Es geht nicht darum zu sagen: ‚Ich mache es, obwohl ich eine Frau bin.’ Es geht darum zu sagen: ‚Ich mache es, weil ich dazu fähig bin.’ Mein Team und ich haben uns das gut vor der Labelgründung überlegt und ich bin froh, dass wir es durchgezogen haben. Die Unterstützung war unglaublich, sogar von meinem früheren Label.
Wie haben Sie die Tontechnik eigentlich gelernt?
Von YouTube! Ich habe aber am Anfang des Jahres auch eine Musikproduktionsschule besucht.
Die nigerianische Musikszene ist in den vergangenen Jahren immens gewachsen – wie kam das?
Was uns mehr Aufmerksamkeit verschafft hat, ist die Qualität und die Originalität unserer Musik. Menschen sind von Dingen angezogen, die sie nicht replizieren können, oder die sie vorher noch nicht gehört haben. Streaming, das bei uns noch nicht so groß ist, hat geholfen, unserer Musik international Gehör zu verschaffen. Es gibt aber noch viel zu tun.
Künstler wie Drake bedienen sich gerne bei Afrobeats und tragen zur internationalen Popularität des oder der Genres bei. Bekommen die ‚Erfinder’ genug Ansehen?
Nicht so viel, wie wir gerne hätten. Aber ich bin die Art Mensch, die das Glas als halb voll betrachtet. Wenn Leute versuchen, die Musik nachzumachen, weisen sie die ‚Erfinder’ oft nicht aus, aber manchmal haben sie auch keine andere Wahl, als uns zu erwähnen, weil es bei uns am Authentischsten klingt. Also egal, ob sie unsere Leistungen erwähnen oder nicht, sie können sie uns nicht wegnehmen, weil es niemand so kann, wie wir.
Wie stehen Sie zum Begriff ‚Worldmusic’. Ist er überholt?
Ja, definitiv. Es gibt so viele unglaublich gute, dynamische Genres und weil die Leute nicht wissen, wie die heißen, nennen sie es so, anstatt zu recherchieren. Mit dem Begriff ‚Afrobeats’ ist es dasselbe. Es gibt so viele Genres, die da hineinfallen.
Wie hätten Sie gern, dass man Ihre Musik bezeichnet?
Ich sage ‚Afro-Pop’ und ‚Afro-Soul’ dazu.
Würden Sie für Ihre Karriere auch ins Ausland gehen, oder hat es mehr Vorteile in Nigeria zu bleiben?
Mein Ziel ist es schon, herumzukommen. Egal wie groß man in seiner eigenen Heimat ist, es ist immer gut, das Terrain und die Fan-Base zu erweitern und zu vergrößern. Im Rahmen meiner Möglichkeiten möchte ich also schon ‚expandieren’ und sehen, was die Welt außerhalb meiner Komfortzone zu bieten hat.
Was sind Ihre Pläne für die nahe Zukunft?
Ich werde nächstes Jahr in Amerika touren und ich arbeite an etwas, was ich bald verraten werde.
Und Ihr künstlerisches Ziel?
Ich möchte, dass Menschen, wann und wo auch immer sie meinen Namen hören, dann nicht sagen ‚Wer?’ (lacht). Ich möchte meine Originalität und meinen Sound in so viele Kulturen wie möglich bringen, ohne daran viel zu verändern.
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