Rania Iskander Simo: "Man kann nicht ankommen, wenn man nicht willkommen geheißen wird."
Wer sind die Menschen, die nach Österreich geflüchtet sind und sich hier ein neues Leben, fernab von Krieg und Verfolgung aufbauen? Immer mehr von ihnen schaffen es, hier Fuß zu fassen. Viele haben inzwischen einen Job gefunden. Um diesen Menschen eine Stimme und ein Gesicht zu geben, haben wir Gespräche mit Geflüchteten geführt. Wir stellen sie in der Reihe „Ich lebe und arbeite in Österreich“ vor. Heute: Rania Iskander Simo, 37, syrischer Pass.
„Ich höre von Freunden oft schreckliche Geschichten, wie sie es auf dem Boot gerade noch nach Griechenland geschafft haben“, sagt Rania Simo, die gemeinsam mit ihrer Familie im Mai 2015 nach Österreich kam. „Wir sind sehr glücklich “ sagt sie, denn ihrer Cousine, die seit 10 Jahren in Österreich lebt, gelang es, dass die Familie nicht wie viele andere Menschen auf der Flucht den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nehmen musste, sondern dank des Resettlement-Programms nach Österreich kommen konnte.
Kirche hat uns geholfen
„Wir sind Christen“, erzählt Rania Simo, „und die Kirche hat uns sehr dabei geholfen, hier so gut anzukommen.“ Frau Simo wuchs in Damaskus auf, ihre Familie stammt väterlicherseits aus Armenien.
Aus dem Krieg in ein neues Leben
„Die vier Jahre, in denen ich den Krieg erlebt habe, waren schrecklich. Wir haben nie gewusst, ob wir den Tag überleben und die Familie am Abend wiedersehen.“ Hier in Österreich wohnt sie mit ihren Eltern zusammen. Neben den Deutschkursen, die Rania tagsüber besuchte, bekam sie im Rahmen der Corporate Volunteering-Initiative „Deloitte/RBI Finance & Account School“ die Gelegenheit, abends die Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre kennenzulernen sowie zwei Module zur Buchhaltungspraxis zu absolvieren. „Die Buchhaltungspraxis-Prüfung hab ich noch nicht abgelegt, aber ich plane sie zu machen“, erzählt sie lächelnd. „Es war schwer, weil ich mit Buchhaltung noch nicht viel Erfahrung habe.“
Jobtraining im RBI-Nachhaltigkeitsmanagement
„Dazu kommt noch, dass der Buchhaltungs-Kurs in deutscher Sprache abgehalten wurde und ich ja dazu parallel erst meine Deutschkurse gemacht hatte.“ Nach dem Kurs bekam Rania Simo die Möglichkeit, ein Jobtraining in der Raiffeisen Bank International zu absolvieren, das zehn Monate dauert. Seit 1. Jänner 2018 unterstützt sie dort die Abteilung Nachhaltigkeitsmanagement. Die Chance zum Kursbesuch bekam sie durch eine ehrenamtliche Helferin, die selbst in der RBI arbeitet. Rania Simo war in Syrien zuletzt elf Jahre lang in einer großen Telekommunikationsfirma tätig.
Wieder am Anfang
„Es ist schwer, bei null anzufangen, wenn man in der Heimat viel gearbeitet hat und plötzlich nichts machen darf. Es ist das ganze Umfeld, auf das man sich neu einstellen muss, die neue Sprache, die neue Kultur, das ist schon eine Herausforderung. Denn mit einer neuen Sprache in einem neuen Umfeld kann man sich nicht so gut ausdrücken, wie in der alten Sprache im alten Umfeld“, erklärt Rania Simo. „In einer anderen Sprache als der Muttersprache ist man eine andere Person. Es geht auch um Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein, wenn man nicht in der ersten Sprache sprechen kann“, ist sie überzeugt.
Menschen die Hand reichen
Rania Simo engagiert sich seit zwei Jahren als ehrenamtliche Dolmetscherin für das Rote Kreuz für die Gruppe der geflüchteten Frauen. „Wir Geflüchtete brauchen Menschen aus Österreich, die uns die Hand reichen. Man kann nicht ankommen, wenn man nicht willkommen geheißen wird.“
„Arbeit bedeutet mein Leben“, sagt sie, „als ich noch sehr jung war, habe ich davon geträumt arbeiten zu dürfen. In der orientalischen Gesellschaft ist es so, dass Eltern die Kinder, besonders die Mädchen, versorgen müssen, bis sie heiraten. Das wollte ich nie, auch wenn ich nicht verheiratet bin.“
Österreich etwas zurückgeben
Von der Zukunft wünsch ich mir, dass ich das gleiche Gefühl von Sicherheit habe, wie in Syrien vor dem Krieg und mein normales Leben führen kann. ich hoffe, ich bin in spätestens zwei Jahren die Rania, die ich in Syrien war.“ Österreich möchte sie etwas zurückgeben, sagt Rania Simo, „dieses Land hat uns so gut aufgenommen.“
Ankommen dürfen
„Wenn sich Gesellschaften mischen, kann das für alle bereichernd sein. Und ich hoffe sehr, dass auch andere Geflüchtete diese Chance bekommen, ankommen zu dürfen.“
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