Rechtsextreme Verflechtungen

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) präsentierte Anfang des Jahres seinen Rechtsextremismusbericht. DÖW-Leiter Andreas Kranebitter über die Verbindungen der FPÖ und rechtsextreme Rekrutierungsfelder.

Interview: Milena Österreicher

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Wann ist eine Aussage oder Ideologie rechtsextrem?
Wir verwenden eine sozialwissenschaftliche Definition, die auf drei zentralen Dimensionen basiert: Autoritarismus, Antiegalitarismus und Ethnozentrismus. Autoritarismus beinhaltet ein hierarchisches Weltbild mit antidemokratischen und gewaltaffinen Tendenzen. Antiegalitarismus richtet sich gegen jegliche Form von Gleichheit, da eine vermeintlich natürliche Ungleichheit zwischen Gemeinschaften oder Völkern angenommen wird. Ethnozentrismus geht mit der Vorstellung einer überlegenen ethnischen Einheit einher.

Im Bericht, den das DÖW im Auftrag des Innen- und des Justizministeriums verfasste, wird vielfach die FPÖ erwähnt. Wie stark ist ihre Verflechtung mit dem Rechtsextremismus?
Es war nicht unser Auftrag, die FPÖ explizit als Partei zu untersuchen. Doch es zeigen sich in ihrem Fall definitiv Verbindungen zur außerparlamentarischen rechtsextremen Szene.  Diese politische Haltung ist insbesondere seit 2019 sichtbar, als FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz das Ende der „Distanziererei“ verkündete. Wenn FPÖ-Vertreter:innen sich nun gemeinsam mit Identitären abbilden lassen oder eine „White Power“-Geste zeigen, die als „OK“-Zeichen verharmlost wird, sind die Verbindungen offensichtlich. Dennoch war unser Bericht breiter angelegt.

Welche weiteren Bereiche wurden untersucht?
Wir haben den Neonazismus als eigenständiges Phänomen in Österreich analysiert. Dabei ging es auch darum, Subkulturen auf ihr Rekrutierungspotenzial hin zu untersuchen: Wo entstehen neue Allianzen? Wo gibt es Anwerbefelder, etwa im Kampfsport oder Fußball? Unsere Untersuchung erstreckte sich zudem auf Randbereiche des Rechtsextremismus und ideologische Allianzen, etwa im rechtskatholischen Milieu. Dabei wird nicht pauschal jede Form dieser Strömungen als rechtsextrem bezeichnet. Natürlich ist Fußball nicht rechtsextrem, das wäre ja absurd,  doch gibt es dort nachweislich Rekrutierungsmöglichkeiten für rechtsextreme Gruppen wie „Unsterblich Wien“ und die „Tanzbrigade“.

Vor kurzem beschied das Handelsgericht Wien, dass die FPÖ das DÖW als „pseudowissenschaftlich“ bezeichnen dürfe. Wie bewerten Sie das?
Wichtig ist festzuhalten: Das Gericht stellte nicht fest, dass unsere Arbeitsweise pseudowissenschaftlich sei, sondern betonte lediglich, dass Wissenschaftler:innen wie wir als „Public Figures“ öffentliche Kritik aushalten müssen. Wir halten das für falsch. Als Wissenschaftler:innen müssen wir auch öffentlich unsere Expertise teilen, das ist nicht mit Politiker:innen gleichzusetzen. Die Bezeichnung war aus unserer Sicht eine politische Diffamierung, die kreditschädigend ist. Solche Angriffe haben reale Konsequenzen: Wir finanzieren uns auch durch Drittmittelprojekte und Spenden. Doch es geht nicht nur um das DÖW, sondern um die Wissenschaft insgesamt. Daher ist es wichtig, diese Rechtsfrage durch alle Instanzen zu klären.

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