Sima Abdul Hakim: "Ich will etwas weitergeben"
Wer sind die Menschen, die nach Österreich geflüchtet sind und sich hier ein neues Leben, fernab von Krieg und Verfolgung aufbauen? Immer mehr von ihnen schaffen es, hier Fuß zu fassen. Viele haben inzwischen einen Job gefunden. Um diesen Menschen eine Stimme und ein Gesicht zu geben, haben wir Gespräche mit Geflüchteten geführt. Wir stellen sie in der Reihe „Ich lebe und arbeite in Österreich“ vor. Heute: Sima Abdul Hakim, 33, afghanischer Pass.
2010 kam Sima Abdul Hakim nach Österreich. Sie stammt aus der Stadt Mazar e-Sharif, im Norden Afghanistans. „Als ich neu hier war, bekam ich schon nach zwei Monaten subsidären Schutz und vier Jahre später erhielt ich den Konventionspass, also Asyl.“ Simas Ehemann war bereits drei Jahre zuvor in Europa angekommen, ehe er Sima einladen konnte, ihm zu folgen. Ihre Familie ist und bleibt in Afghanistan. Nicht, weil es ihnen dort so gut geht, sondern weil es keine Möglichkeit gibt nach Europa zu gelangen.
Internationaler Freundeskreis durch Kurse
Sima Abdul Hakim hat sich einen großen Freundeskreis hier in Österreich aufgebaut. „Meine afghanischen Freunde habe ich hier kennengelernt, genauso wie meine Freundinnen und Freunde aus Tibet, Österreich, Russland, Kroatien und meine arabischen Freundinnen und Freunde“, lacht sie. „Zuerst, nachdem ich angekommen bin, war ich daheim und hab niemanden gekannt, erst als ich dann in die Kurse gehen konnte, hab ich viele Leute kennengelernt und einige sind eben meine Freunde geworden.“
Lehrerin aus Passion
Sie mag es mit vielen Menschen in Verbindung zu stehen und zu kommunizieren, diese Gabe hilft ihr bei ihrer Arbeit, denn Sima ist Lehrerin bei PROSA, dem Schulprojekt für Alle.
„Ich bin zuhause nicht lange genug in die Schule gegangen um zu studieren“, erzählt sie, aber der Wunsch Lehrerin zu werden war bei ihr trotz der fehlenden Hochschulreife schon sehr früh vorhanden. „Nach der 9. Klasse hab ich geheiratet und in Afghanistan muss man elf Jahre in die Schule gehen, um studieren zu können.“ Dabei hatte sich ihr Interesse an Mathematik schon früh gezeigt, hat sie doch noch in Afghanistan bereits als junges Mädchen ihren Nachbarinnen Mathematik-Nachhilfe gegeben.
Ein Leben für die Mathematik
Mathematik hat ihr schon immer sehr große Freude bereitet. „Bis heute beschäftige ich mich sehr gerne mit Mathematik“, lächelt sie. Dass sich hier in Österreich aus ihrer mathematischen Begeisterung eine Lehrerinnen-Karriere für Sima entwickeln sollte, war von Anfang an nicht geplant, sondern hat sich vielmehr durch ihre Tätigkeit bei PROSA, wo sie erst Teamlehrerin war und wo man ihr nach kurzer Zeit zutraute alleine zu unterrichten, entwickelt. „Als ich dort noch Schülerin war, hab ich schon den anderen Mathematik-Nachhilfe gegeben, da haben die Lehrerinnen und Lehrer schon gemerkt, dass ich ein Talent für Mathematik habe“, lächelt sie stolz. Seit einem Jahr unterrichtet die zweifache Mutter nun fix. „Ich wollte immer an einem Ort arbeiten, wo ich allen anderen vertrauen kann und PROSA ist so ein Ort, voll Respekt für einander.“
Weiterbildung
Neben den Kindern und ihrer Arbeit für PROSA, wo sie ursprünglich auch selbst den Unterricht besucht hatte, bereitet sich Sima Abdul Hakim derzeit auf eine Ausbildung als Erwachsenentrainerin vor, die im September beginnt. Ihr Ziel ist auch an der Universität Mathematik zu studieren, damit sie eine Regel-Lehrerin wird. Das wäre der ideale Job für Frau Abdul Hakim: „Ich mache einen Schritt nach dem anderen, wir haben zwei Kinder und mein Mann arbeitet auch viel, da kann ich nicht alles was ich für meine Ausbildung will, auf einmal machen.“
Ich will etwas weitegeben
„Arbeit in europäischen Ländern zu haben ist sehr wichtig, weil man so selbst für Sicherheit sorgen kann. Mein Mann und ich arbeiten beide, so können wir uns auch mehr leisten, auch wenn sich die Kinder etwas wünschen. Meine Arbeit mit der Mathematik ist für mich auch wichtig, weil ich es schon immer geliebt habe. Ich will etwas weitegeben.“
Irgendwann nach Afghanistan fahren
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass das Leben weiter gut zu uns ist. Irgendwann würde ich gerne wieder nach Afghanistan fahren um meine Eltern zu treffen, die ich seit acht Jahren nicht mehr gesehen habe“, und sie ergänzt „Ich würd mir wünschen, dass diejenigen die herkommen die Chance kriegen die Sprache zu lernen und auch eine Arbeit zu finden. Wenn man die Sprache beherrscht, kann man alles.“
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