Recherche zur Entwicklung bei Sexualstrafdelikten
Derzeit sind die Medienberichte voll von sexuellen Übergriffen bis hin zu Vergewaltigungen. Man gewinnt unweigerlich den Eindruck, Österreich sei unsicherer geworden, insbesondere für Frauen. Daher hat es uns sehr überrascht als wir kürzlich die Aussage des Wiener Polizeisprechers Roman Hahslinger hörten, der meinte, es gebe in Wien im Vergleich zum Vorjahr bisher keinen Anstieg an Sexualstraftaten. Dieser Aussage wollten wir nachgehen und haben bei der Wiener Polizei um genauere Informationen gebeten.
Inspektor Mag. Paul Eidenberger hat auf unsere Anfrage reagiert. Er betont, dass derzeit „eine signifikante Änderung bei Sexualstrafdelikten gegenüber den Vorjahren nicht absehbar ist“. Er sagt auch, dass es „immer schon sexuelle Übergriffe, auch im öffentlichen Raum, gegeben hat, aber die mediale Aufmerksamkeit dafür nicht gegeben war.“
Darüber hinaus erklärt der Polizeiinspektor, dass es seitens der Polizei bisher „eine sehr restriktive Öffentlichkeitsarbeit“ gegeben hat, da „hier der gesetzliche Schutz der Opfer eine wichtige Rolle spielt“.
In Summe seien die Sexualdelikte in Wien im Jahr 2014 um 13 Prozent gesunken und im Jahr 2015 wieder um 7 Prozent angestiegen.
Beim Delikt Vergewaltigung gab es im Jahr 2013 noch 332 angezeigte Fälle. 2014 ging die Fallzahl auf 317 zurück. 2015 sank die Anzahl der Fälle weiter auf 316.
Beim Delikt sexuelle Belästigung gab es im Jahr 2013 noch 459 angezeigte Fälle. Im Jahr 2014 ging die Fallzahl auf 443 zurück. 2015 sank die Anzahl der Fälle weiter auf 421.
Das heißt, sowohl bei angezeigten Vergewaltigungen als auch bei sexuellen Belästigungen gab es in den vergangenen zwei Jahren einen leichten Abwärtstrend. Für das Jahr 2016 liegen noch keine Detailzahlen vor, nur die Einschätzung der Wiener Polizei, dass derzeit keine signifikante Änderung zu den Vorjahren absehbar sei.
Der derzeit von Medien transportierte Eindruck einer gestiegenen Fallzahl deckt sich somit nicht mit den Daten der Wiener Polizei.
Inspektor Eidenberger betont auch, dass nach wie vor „die weitaus meisten Sexualdelikte im häuslichen und nicht im öffentlichen Bereich stattfinden“.
Wir wollen betonen, dass jeder einzelne Fall eines sexuellen Übergriffs ein schweres Verbrechen und für die betroffenen Personen eine Katastrophe ist. Der Opferschutz muss oberste Priorität haben. Es müssen alle vorbeugenden Mittel ausgeschöpft werden, um Übergriffe zu verhindern, und es müssen alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft werden, um Täter zu fassen und begangene Taten zu ahnden. All das unabhängig von der Herkunft von Tätern und Betroffenen.
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