
11 Beispiele zum falschen Migrationshintergrund-Gerede
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1. Auszug aus einer Aussendung von Staatsekretär Kurz, 10.2.2012 zur Eröffnung eines Lerncafés in Imst: „Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 20 Jahren erhalten durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen die Möglichkeit, schulische Defizite aufzuarbeiten und Deutschkenntnisse zu verbessern. Dieses [Angebot] richtet sich an alle Kinder, in besonderem Maße an Kinder mit Migrationshintergrund.“
Kommentar: Die extra Erwähnung, dass sich das Angebot „in besonderem Maße an Kinder mit Migrationshintergrund richtet“, ist überflüssig und lässt den Eindruck entstehen, dass „Menschen mit Migrationshintergrund“ im Allgemeinen ein Defizit haben und einer besonderen Förderung bedürfen. Warum wird nicht einfach gesagt, dass sich das Angebot an ALLE Kinder mit Lern- und Sprachschwierigkeiten richtet?
2. Auszug aus einer Aussendung der SPÖ Oberösterreich, 7.2.2012 zu Leitlinien für das Zusammenleben: "Die Integrationssprecherin des SPÖ-Landtagsklubs, Landtagsabgeordnete Roswitha Bauer, verwies auf das gelungene Stadtteilentwicklungskonzept, das neuen Schwung für den Welser Stadtteil Noitzmühle - gekennzeichnet durch einen hohen Anteil von Familien mit Migrationshintergrund - bringen soll. Der Ausländeranteil in der Noitzmühle liegt bei 32 %, gegenüber 18 % in der gesamten Stadt Wels.
Kommentar: Hier werden die Begriffe „Migrationshintergrund“ und „Ausländer“ deckungsgleich verwendet, weil offenbar der Oberösterreichischen SPÖ selbst unklar ist, worauf sie sich eigentlich bezieht. Was tatsächlich im Alltag das Besondere am Welser Stadtteil Noitzmühle ist, bleibt im Dunkeln. Es werden lediglich Mutmaßungen und Vorurteile gespeist."
3. Aussendung des ÖGB, 30.1.2012 zu Verstößen gegen die Sonntagsöffnung: "Uns erreichen immer mehr Anfragen, warum Einzelhandelsgeschäfte von Besitzern mit Migrationshintergrund, vor allem türkische Supermärkte, in Wien sich nicht an die Ladenöffnungszeiten halten müssen, indem sie ihre Geschäfte auch an Sonntagen offen halten. Das ist eine Frage, die uns natürlich auch interessiert", erklärt der Vorsitzende des Wirtschaftsbereichs Handel in der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Franz Georg Brantner: "Wir respektieren selbstverständlich die Bedürfnisse und Gewohnheiten aller BewohnerInnen unserer Stadt, die hier ihren Lebensmittelpunkt sehen. Aber es gibt klare gesetzliche Bestimmungen, an die sich alle Bürgerinnen und Bürger Wiens halten müssen."
"Gleiches Recht und gleiche Bedingungen für alle", nur nach diesem Prinzip können Zusammenleben und Integration, zu der sich die GPA-djp einmal mehr bekennt, funktionieren, ergänzt die Regionalgeschäftsführerin der GPA-djp Wien, Barbara Teiber: "In diesem Sinn vertrauen wir auch auf unsere Vereinbarungen mit dem Land Wien, was die Ladenöffnungszeiten betrifft. Wir appellieren an die Verantwortlichen, die Einhaltung strenger zu kontrollieren – das Verbot der Sonntagsöffnung muss für alle gleichermaßen gelten." Auch vom Arbeitsinspektorat erwartet die GPA-djp Wien effizientere Kontrollen der Arbeitsbedingungen, z.B. der Arbeitszeit.
Kommentar: Warum ist es dem ÖGB bei der Frage der Sonntagsöffnung wichtig, auf den „Migrationshintergrund“ der BesitzerInnen von Geschäften hinzuweisen, die an Sonntagen geöffnet haben? Denn als Konsequenz fordert der ÖGB nicht, dass sich die Stadt Wien mit dem Migrationsaspekt von LadenbesitzerInnen befassen soll, sondern dass es schärfere Kontrollen geben soll.
4. Auszug aus einer Aussendung der SPÖ Wien, 26.1.2012 zu beruflichen Re-Integrationsprojekten: "Die Stadt Wien fördert seit vielen Jahren gemeinnützige Beschäftigungsprojekte, wie eben jene, deren Subvention wir heute diskutieren. Diese Projekte haben die Re-Integration von MindestsicherungsbezieherInnen in den Arbeitsmarkt zum Ziel und setzen einen besonderen Schwerpunkt auf arbeitsmarktferne Personen und/oder Menschen mit Migrationshintergrund", erklärte SP-Gemeinderätin Gabriele Mörk.
Kommentar: Wieder einmal werden „Menschen mit Migrationshintergrund“ als defizitär eingeordnet. Und wieder einmal bleibt im Dunkeln, was („arbeitsmarktferne“) „Menschen mit Migrationshintergrund“ von anderen („arbeitsmarktfernen“) Personen unterscheidet.
5. Auszug aus einer Aussendung der SPÖ Wien, 26.1.2012 zur Integrationspolitik: "Es sei egal ob Parkgebühren oder Hundesteuer: Für die FPÖ gebe es nur einen Sündenbock - die Ausländer: "Genau das ist das Gegenteil von verantwortungsbewusster Integrationspolitik, denn die FPÖ betreibt permanente Hetze und politischen Wahlkampf auf Kosten der Wienerinnen und Wiener", stellte Yilmaz klar.
Jeder 3. Wiener habe Migrationshintergrund, Wien sei vielfältig, deshalb müsse es auch vielfältige Maßnahmen der Integration geben: "In Wien leben unterschiedliche Kulturen miteinander – natürlich kommt es da zu Missverständnissen im Zusammenleben- hier helfen etwa die Wohnpartner. Wir fördern auch Vereine die beraten, helfen und informieren und gehen auf die Menschen zu. Mit dem Wiener Bildungspass bieten wir etwa auch Sprachkurse, Beratung und Hilfestellung an, um im Beruf Fuß zu fassen", erklärte Yilmaz."
Kommentar: Die SPÖ versucht, einen Kontrapunkt gegen die Hetze der FPÖ zu setzen, vergisst jedoch, dass die Vielfältigkeit Wiens keineswegs nur mit dem „Migrationshintergrund“ von WienerInnen zu tun hat. Integrationsmaßnahmen sollten sich an alle WienerInnen richten, nicht nur an solche „mit Migrationshintergrund“.
6. Auszug aus einer Aussendung der ÖVP Wien, 26.1.2012 zur Integrationspolitik: "Fakt ist, dass Wien einen besonders hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund hat und die Herausforderungen in Wien nicht mit denen anderer Bundesländer zu vergleichen sind. Heute ist bereits jeder zweite Volksschüler in Wien ein Kind mit Migrationshintergrund - es gilt daher besonders danach zu trachten die Tradition Wiens als eine friedliche Stadt des Zusammenlebens weiterhin aufrecht zu erhalten."
Kommentar: Die ÖVP setzt hier „Migrationshintergrund“ mit „Problemhintergrund“ gleich. Offenbar gefährden die „Menschen mit Migrationshintergrund“ den Frieden in der Stadt. Wie sie das tun und ob sie das alle tun, bleibt allerdings im Dunkeln. Klar ist einzig die herabwürdigende Benutzung der Bezeichnung „Mensch mit Migrationshintergrund“.
7. Auszug aus einer Aussendung der ÖVP, 24.1.2012 zu Sprachförderung: "Die ÖVP-Familiensprecherin abschließend: "Der Bund stellt fünf Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, von den Ländern wird dieser Betrag auf zehn Millionen Euro aufgedoppelt. Mit dieser langfristigen Sicherung der Sprachförderung erhalten auch Kinder und Familien mit Migrationshintergrund alle Chancen, in Österreich erfolgreich sein zu können.""
Kommentar: Hier wird das Vorurteil bestärkt, alle „Kinder und Familien mit Migrationshintergrund“ bräuchten eine spezielle Sprachförderung. Das ist falsch. Sprachförderung brauchen die, die Sprachschwierigkeiten haben, egal ob sie einen „Migrationshintergrund“ haben oder nicht.
8. Auszug aus einer Aussendung der Grünen, 14.11.2011 zum Weltdiabetestag: ""In der Diabetes Früherkennung müssen wir vollkommen neue Wege gehen. Diese muss in ganz Österreich zielgruppengerecht ausgebaut werden", fordert Grünewald. Besorgniserregend sind für die Grünen auch die Ergebnisse einer Diabetes-Studie mit über 100 MigrantInnen. Diabetes wird bei ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund spät und meist nur zufällig diagnostiziert."
Kommentar: Ist der Migrationshintergrund hier wirklich das Problem oder geht es um Menschen, die nicht gut Deutsch können oder um einen ganz anderen Faktor? Wieder einmal lässt die Verwendung des viel zu diffusen Begriffs „Migrationshintergrund“ fast alles im Dunkeln.
9. Auszug aus einem Interview mit Integrationsstaatsekretär Kurz, November 2011, Magazin „Öffentliche Sicherheit“: "Eine weitere Herausforderung ist, dass wir nicht nur die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigen müssen, sondern auch die Sorgen und Ängste der Mehrheitsbevölkerung."
Kommentar: Auf der einen Seite stehen für Kurz „die Menschen mit Migrationshintergrund“, die Bedürfnisse und Anliegen haben, und auf der anderen Seite steht „die Mehrheitsbevölkerung“, die Sorgen und Ängste hat. Haben „Menschen mit Migrationshintergrund“ keine Sorgen und Ängste? Verursacht der „Migrationshintergrund“ von Menschen bei anderen Menschen Sorgen und Ängste? Merkt Kurz nicht, dass er hier genau jene Spaltung der Gesellschaft betreibt, die er vorgibt bekämpfen zu wollen?
10. Auszug aus einer Aussendung des Bundesministerium für Inneres, 21.11.2011 zur Fachtagung „Wohnen und die regionale Dimension von Integration": "Das Thema Wohnen spielt im Integrationsprozess eine wichtige Rolle. Unser Ziel muss eine stärkere Durchmischung der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in den Wohnbereichen sein", sagte Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz bei der Fachtagung am 21. November 2011 im Rahmen des "Nationalen Aktionsplans" an der Donau-Universität Krems. Gerade im sensiblen Bereich des Wohnens ist Integration ein wichtiges Thema. Vor allem weil die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich steigt. Die Fachtagung an der Donau-Uni Krems widmet sich daher den Fragen, wie die neuen Herausforderungen bewältigt werden können.
Kommentar: Warum spricht Kurz hier nicht von sozialer Durchmischung, warum nicht von alltagskultureller Durchmischung, warum wird der so diffuse „Migrationshintergrund“ zum wichtigsten Kriterium erhoben? Integration bräuchte Österreich auch dann, wenn keine „Menschen mit Migrationshintergrund“ hier leben würden. Ist das so schwer zu verstehen?
11. Titel einer Aussendung von Staatsekretär Kurz, 9.3.2012 zur Verleihung des MiA-Awards: „Es ist erfreulich, dass Frauen mit Migrationshintergrund die Chance ergreifen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen"
Kommentar: Hier wird suggeriert, dass „Frauen mit Migrationshintergrund“ üblicherweise kein selbstbestimmtes Leben führen. Dabei hängt Selbstbestimmtheit von einer Vielzahl an sozialen, materiellen, alltagskulturellen, diskriminierungskulturellen und auch gesetzlichen Faktoren ab. Der einzige Faktor, von dem ausschließlich Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft betroffen sind, ist die restriktive und oft schikanöse Gesetzeslage. Diese macht Selbstbestimmtheit tatsächlich oft schwer und manchmal sogar unmöglich – doch darauf nimmt Kurz keinen Bezug.HIER geht's zur Petition!