
Ein Platzverbot für die Zivilgesellschaft
Die Polizei hat angekündigt, am Freitag einen großen Teil der Wiener Innenstadt mit einem Platzverbot zu belegen. Damit kann die traditionelle Heldenplatz-Kundgebung des Bündnisses "Jetzt Zeichen setzen" nicht stattfinden. Für die VertreterInnen des Bündnisses, dem auch SOS Mitmensch angehört, ein demokratiepolitisch fatales Signal.
Offener Brief von Überlebenden des Holocaust an die Betreiber der Hofburg
Im April 2013 hatte der österreichische Verfassungsgerichtshof entschieden, dass eine im Jahr 2011 erfolgte Untersagung einer Kundgebung gegen den damaligen WKR-Ball verfassungswidrig war. Als Grund nannte das Höchstgericht die unzureichende Begründung des Verbots. Würde alleine der Umstand eines Risikos von Auseinandersetzungen in jedem Fall erlauben, eine geplante Versammlung zu untersagen, liefe das auf ein mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarendes „vorbeugendes Versammlungsverbot“ heraus", urteilten die Richter und verurteilten damit das ohne ausreichende Begründung erfolgte Vorgehen der Polizei.
Das von der Polizei nun verhängte Platzverbot, mit dem eine ordnungsgemäß angemeldete friedliche Kundgebung verunmöglicht wird, bewegt sie sich daher auf rechtlich extrem dünnen Eis. Im vergangenen Jahr hatte Polizeipräsident Pürstl noch öffentlich den friedlichen Charakter aller stattgefundenen Kundgebungen und Demonstrationen herausgestrichen: "Es gab sieben angemeldete Großdemonstrationen, die absolut friedlich verlaufen sind." (Kurier am 2.2.2013) Auf die Frage, ob er im Jahr 2014 wieder Kundgebungen genehmigen werde, antwortete Pürstl: "Die FPÖ hätte am liebsten, dass wir ganz Wien absperren und nur die Ballgäste in die Stadt lassen. Wir können diese Versammlungen aber nur verbieten, wenn es ausreichen Hinweise auf Gewaltbereitschaft gibt."
Für das Bündnis "Jetzt Zeichen setzen" ist klar, dass die Polizei alle "Hinweise auf Gewaltbereitschaft" auf den Tisch legen muss. "Jetzt Zeichen setzen" geht jedoch davon aus, dass bei der nachweislich friedlichen Standkundgebung, keinerlei "Hinweise auf Gewaltbereitschaft" zu finden sind.
"Es muss in Österreich möglich sein, dass ein breites Bündnis an Organisationen gemeinsam mit VertreterInnen aus der Zivilgesellschaft und Überlebenden des Holocaust eine friedliche Kundgebung am Heldenplatz abhalten kann. Die Polizei hat das Versammlungsrecht zu wahren und die Kundgebung zu ermöglichen und zu schützen", so "Jetzt Zeichen setzen". Und weiter: "Die Kundgebung an eskalationsgefährdete Orte - wie den Maria Theresien Platz, wo eine FPÖ-Veranstaltung angemeldet ist - zu verlegen, wie es die Polizei dem Bündnis nahe gelegt hat, kann kein ernst gemeinter Vorschlag sein."
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