Hautfarbenkontrolle
Eine Frau hat gegen „Ethnic Profiling“ geklagt – und gewonnen. Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe ist verfassungsrechtlich verboten.
Kommentar: Alexander Pollak
Die Zeit-im-Bild-Moderatorin Claudia Unterweger und Angela Merkel ... Welche dieser beiden Personen sieht „ausländisch“ aus?
Juni 2001: Eine Schwarze Österreicherin fährt mit ihrer vierjährigen Tochter im Zug. Während und nach der Zugreise werden beide aufgrund ihrer Hautfarbe mehrfach von Beamten durchsucht. Anschließend wird die Frau auf die Polizeiwache gebracht. Unter der Androhung, sie 48 Stunden festzuhalten und von ihrer Tochter zu trennen, wird sie zu einem Körperröntgen genötigt. Alle Durchsuchungen bleiben ohne Resultat. Zwei Jahre später entscheidet der Verfassungsgerichtshof, dass die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der Frau und ihrer Tochter verletzt wurden. Das Verfassungsgericht beruft sich dabei auf das Verfassungsgesetz zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung: „Gesetzgebung und Vollziehung haben jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen.“
September 2009: In Wien lebende GeorgierInnen und MoldawierInnen erhalten, ohne dass konkreter Tatverdacht besteht, Besuch von der Polizei. Wie sich herausstellt, hatte das Innenministerium eine Meldedatenabfrage gestartet und die Polizei angewiesen, alle gemeldeten Personen der beiden Nationalitäten zu kontrollieren. Innenministerin Maria Fekter verteidigte die Weisung und bestritt, dass es sich um Ethnic Profiling gehandelt habe. Also um Polizeikontrollen, die ohne konkreten Tatverdacht allein aufgrund nationaler Zugehörigkeit oder äußerer Merkmale wie der Hautfarbe durchgeführt werden.
Juli 2012: Bei einer U-Bahn-Schwerpunktaktion der Wiener Polizei stellt das anwesende ORF-Team fest, dass ausschließlich Personen mit dunkler Hautfarbe kontrolliert werden. Wiederum dementiert die Polizei, sie führe Ethnic Profiling durch. In der Folge meldet sich ein Betroffener bei SOS Mitmensch, der berichtet, dass er einen Kriminalbeamten, der ihn angehalten hatte, gefragt habe, warum gerade er ständig auf der Straße kontrolliert werde. Der Kriminalbeamte antwortete: „Wie soll ich denn meinen Job machen, wenn ich nicht ausländisch aussehende Leute wie Sie kontrolliere?“
2001, 2009, 2012, in Sachen rassistisches Ethnic Profiling scheint die Zeit in Österreich still zu stehen. Das wirft eine Reihe von Fragen auf:
1. Herrscht bei der Polizei tatsächlich noch der Glaube vor, man könne es Menschen ansehen, ob sie AusländerInnen sind?
2. Ist es den Sicherheitsbehörden egal, dass Ethnic Profiling bei vielen Menschen die Vertrauenswürdigkeit der Polizei untergräbt?
3. Sind dem Innenministerium nicht die Studien aus Großbritannien bekannt, die belegen, dass Ethnic Profiling ineffektiv ist und Ressourcen bindet, die anderswo besser eingesetzt werden könnten?
4. Wie kann die Regierung wegschauen, wenn Polizeimethoden angewendet werden, die Grundrechte verletzen und enormen gesellschaftlichen Schaden anrichten? Ethnic Profiling schafft zwei Klassen von Menschen. Die Identität und Würde der betroffenen Menschen wird attackiert. Das Zusammenleben und die rechtsstaatliche Autorität des Staates werden untergraben. Rassismus ist in Österreich verfassungsgesetzlich verboten. Es ist die Pflicht von Politik und Behörden, gegen alles vorzugehen, was dieses Verbot untergräbt. Einen besonders harten Kampf haben die staatlichen Einrichtungen dabei wohl gegen sich selbst zu führen.