Olivera Stajic über Faktoren, die zum Bildungserfolg beitragen
Endlich angstfrei!
Text: Olivera Stajic
Mit der Einrichtung des Integrationsstaatssekretariats ging ein hörbarer Erleichterungsseufzer durch die Redaktionstuben.
Jeder Besuch in einem Kindergarten oder MigrantInnenverein wird von einer Journalisten- und Fotografenmeute begleitet. Jede neue Initiative ist dann gleich ein „Vorstoß“. Jedem noch so kleinen Projekt werden viele Zeilen und Sendeminuten gewidmet. Beispiellos ist auch, mit welcher Intensität das erste Amtsjahr analysiert und medial abgefeiert wurde. Kaum ein (Nachwuchs-)Politiker kann sich über so viel mediale Aufmerksamkeit freuen. Sie ahnen es schon – die Rede ist vom Staatssekretär für Integration Sebastian Kurz.
Und wenn man vielleicht erwartet hätte, dass es im Sommerloch auch zu einem Kurz-Loch kommen würde – weit gefehlt. Während andere PolitikerInnen urlauben oder es zumindest vorgeben, unternimmt Kurz eine Bildungsreise. In den USA und Kanada sucht er nach Modellen für erfolgreiche Integration. Auch in Übersee kann sich der Integrationsstaatssekretär auf die mediale Begleitung aus der Heimat verlassen: Fast alle österreichischen Tageszeitungen brachten bereits stimmungsvolle Reportagen und Interviews aus New York und Toronto.
Verstehen Sie mich nicht falsch, das Thema Integration hat nach jahrzehntelanger Ignoranz seitens der Mainstream-Medien selbstverständlich viel Aufmerksamkeit verdient.
Vor mehr als zwei Jahren veröffentlichte der Österreichische Integrationsfonds eine Studie mit dem sperrigen Titel „Einstellungen von ChronikjournalistInnen österreichischer Tageszeitungen zu den Themen Migration und mediale Integration“. Die Umfrage ergab u.a., dass viele JournalistInnen „Angst vor negativer Berichterstattung“ haben und „Integration als ein heikles und polarisierendes Thema“ sehen. Vereinfacht gesagt: Man ließ das Thema lieber links liegen, weil man es als „zu heiß“ befand. Und überließ den Boulevardmedien das Eindreschen auf die MigrantInnen als Problemgruppe, oder auch das Nachplappern der rechtsrechten „Ausländer-raus“-Sager.
Für eine ausgewogene Berichterstattung, die auch Kontakte zu den unterschiedlichen Migrantengruppen voraussetzt, fehlten jahrzehntelang Ressourcen, aber auch der gute Wille. Mit der Einrichtung des Staatssekretariats ging ein hörbarer Erleichterungsseufzer durch die Redaktionstuben. Jetzt gab es endlich einen Ansprechpartner, eine klare Agenda und obendrauf einen jungen, umtriebigen und für österreichische Verhältnisse vor Ideen und Tatendrang nahezu strotzenden Politiker, der sein Anliegen medienwirksam präsentierte. Alles was man tun muss, ist das Mikro hinzuhalten, den Auslöser zu drücken und ab und zu eine Frage nach „Visionen, Zielen, Plänen“ zu stellen.
„Wir haben sie ja alle lieb, besonders die Braven. Sie sollen brav weiter leisten und dann gibt es auch keine Probleme“, so das grob zugespitzte Stimmungsbild, das Sebastian Kurz medienwirksam über das Zusammenleben in Österreich verbreitet. Kaum ein/e MedienvertreterIn widerspricht oder wagt es, nach Diskriminierung und Gegenmaßnahmen zu fragen. Man ist bescheiden und dankbar.