
Start der Wiener Pass Egal Wahl mit Rekord an Wahllokalen!
Angesichts des fehlenden Wahlrechts für mehr als ein Drittel der Wiener Bevölkerung hält SOS Mitmensch gemeinsam mit Kooperationspartner:innen eine Wien-Wahl für Menschen ohne österreichischen Pass ab. Bei der „Pass Egal Wahl“ können auch Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft bis 23. April ihre Stimme in mehr als 40 Wahllokalen abgeben. Dreißig Wiener Schulen halten eigene „Pass Egal Wahlen“ ab. AK-Präsidentin Renate Anderl kritisiert den Ausschluss vieler arbeitender Menschen von demokratischer Mitbestimmung.
Pressekonferenz zum Auftakt der Wiener Pass Egal Wahl 2025 mit (v.li.n.re.) Politikwissenschafter Gerd Valchars, SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak, AK-Präsidentin Renate Anderl, Schauspielerin und Wahlausschluss-Betroffene Safira Robens
Anderl: „Erschütternde Zahlen - Umdenken der Politik gefordert“
„Mehr als ein Drittel der Wiener:innen im Wahlalter darf nicht wählen. Unter den Arbeiter:innen haben sogar zwei Drittel kein Wahlrecht. Das sind erschütternde Zahlen“, sieht Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl ein großes Problem für die Demokratie. „Wer hier arbeitet, trägt dazu bei, den Arbeitskräftebedarf zu decken und speist Steuertopf und Sozialversicherung mit Beiträgen. Wenn die Betreffenden aber gleichzeitig von demokratischen Prozessen ausgeschlossen werden, dann werden sie sich niemals zugehörig fühlen und womöglich anderswo hingehen“, fordert Anderl ein Umdenken der Politik. Die AK wolle mit der Unterstützung der „Pass Egal Wahl“ ein Zeichen setzen, „dass uns Demokratie und Teilhabe wichtig sind“, erklärt Anderl.
Zwei Drittel der Wiener Arbeiter:innen ohne Wahlrecht
Laut Zahlen der Statistik Austria haben fast zwei Drittel der Wiener Arbeiter:innen aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft bei der Wiener Gemeinderatswahl kein Wahlrecht. In manchen Berufssparten sind sogar um die 80 Prozent ohne Wahlrecht. So dürfen beispielsweise 81,4 Prozent des Reinigungspersonals und 78,2 Prozent der Hilfskräfte in der Nahrungsmittelzubereitung nicht an der Gemeinderatswahl teilnehmen. Im Bereich personenbezogener Dienstleistungen haben in Wien mehr als 51 Prozent der Angestellten kein Stimmrecht.
Valchars: „Demokratie in Schieflage“
Demokratieforscher Gerd Valchars konstatiert, dass die Demokratie in Wien „in Schieflage“ geraten sei. „Der stetig wachsende Ausschluss vom Wahlrecht bedeutet einen fortschreitenden Demokratieverlust in Wien mit massiven Auswirkungen auf die politischen Kräfteverhältnisse innerhalb der Stadt und die Legitimation des politischen Geschehens“, so Valchars. „Aufgrund dieser Entwicklung haben wir es mit einem stetig wachsenden, dreifachen Defizit zu tun: einem Legitimations-, einem Repräsentations- und einem Demokratiedefizit“, erklärt der Politikwissenschafter.
Robens: „Wahlausschluss missachtet das Konzept von Heimat“
Zu den vom Wahlrecht ausgeschlossenen Menschen zählt auch die Schauspielerin Safira Robens. Sie lebt seit über 7 Jahren in der Bundeshauptstadt, aber darf bei der Wiener Gemeinderatswahl nicht mitstimmen. Sie kritisiert den Ausschluss hier lebender Menschen von demokratischer Mitbestimmung als „Missachtung des Konzepts von Heimat“. „Ich unterstütze die Pass Egal Wahl, weil das aktuelle Wahlrecht das Konzept von Heimat missachtet. Die Stimmen, die aktuell ausgeblendet werden, werden dringend gebraucht. Ich bin der Überzeugung, dass Demokratie nur durch Einbeziehung funktionieren kann. Wahlausschluss sollte schon längst keine Aktualität mehr haben. Wir brauchen zukunftsfähige Entscheidungen“, betont Robens.
Safira Robens eröffnete die Wiener Pass Egal Wahl 2025 mit ihrer Stimmabgabe
Demokratie hautnah erleben können
„Wir treten dem Rekord-Wahlausschluss in Wien mit einer Rekordzahl von mehr als 40 Wahllokalen für Menschen ohne österreichischen Pass entgegen. Darüber hinaus sorgen wir mit unseren Kooperationen mit Schulen dafür, dass Jugendliche in schuleigenen Pass Egal Wahlen Demokratie hautnah erleben können. Wir wollen zeigen, dass eine inklusive Demokratie wichtig und möglich ist“, erklärt SOS Mitmensch-Sprecher-Alexander Pollak.
Gesamte Bevölkerung ins Demokratieboot holen
SOS Mitmensch fordert sowohl einen verbesserten Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft als auch das Ende der strikten Koppelung des Wahlrechts an die Staatsbürgerschaft. Hinkünftig solle der langjährige Lebensmittelpunkt ausschlaggebend für demokratische Mitbestimmung sein, damit die gesamte Bevölkerung ins Demokratieboot geholt werde.
Bis 23. April die Stimme abgeben!
Informationen zu den zahlreichen Wahllokalen der Pass Egal Wahl, etwa in der AK Wien, In Einrichtungen der Diakonie und der Caritas, bei WIENXTRA, im WUK und erstmals auch bei einigen Würstelständen, finden sich auf www.passegalwahl.at
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