Und wieder das N-Wort
Wieder ist die Polizei mit einem Rassismusvorwurf konfrontiert. Elias, 16, Schüler im 22. Wiener Gemeindebezirk, wurde beim Baden von Unbekannten attackiert. Er sagt, ein Beamter hätte ihn als „N*“ bezeichnet. Die Polizei widerspricht. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte.
Du gehst mit Krücke, was ist passiert?
Ich war mit fünf Freunden in der Seestadt, um zu schwimmen, als ein Mann in Badehose kommt und uns filmt. Meine Freunde sind weggelaufen, ich nicht. Der Mann hat gelacht, dann hat er mir einen Kick gegeben und auf dem Boden auf mich eingetreten. Meine Nase ist gebrochen. Dann sind vier Freunde von ihm gekommen. Ich habe mich aufgerappelt und versucht, davonzuhumpeln.
Hat dir niemand geholfen?
Viele Leute schauten nur zu, nur ein paar andere Jugendliche kamen mir zu Hilfe, die wurden auch verletzt. Ich bin dann zum See hinunter, hab das Blut heruntergewaschen. Drei Damen haben sich um mich gekümmert. Nach 15 Minuten ist die Polizei eingetroffen, die Polizistin kam ganz gemütlich daher. Im Krankenwagen habe ich gehört, wie ein Mann sagt, „Der N* hat die Scheibe vom Auto (der Täter, Anm.) eingeschlagen“. Auch eine Frau hat behauptet: „Das war der N*“. Tatsächlich war es so, dass jemand einen Stein auf ein Auto der Täter geworfen hat, als sie geflüchtet sind. Statt mir zu helfen, wurde ich noch beschuldigt. Im Krankenwagen liegend habe ich gehört, wie ein Polizist in den Funk sagt: „Der verletzte N* liegt im Krankenwagen“. Ein Freund wollte von den Polizisten wissen, warum sie dieses Wort verwenden, obwohl sie meinen Namen schon aufgeschrieben haben. Die Polizistin hat es aber einfach abgestritten.
Elias (Mitte), wurde von Unbekannten die Nase gebrochen. Den Kontakt mit der Polizei erlebte er zwiespältig.
Worum geht es dir jetzt?
Es sind zwei Sachen passiert, die man trennen muss: Die Gewalt, die ich erlebt habe, und die rassistische Aussage der Polizei. Vielleicht war auch die Motivation des Mannes, der mich geschlagen hat, rassistisch, ich weiß es nicht. Er hat in einer anderen Sprache geredet. Aber mein Eindruck ist: Das einzige, wofür sich die Polizei interessiert hat, war die eingeschlagene Scheibe. Die erste Frage der Polizistin im Krankenwagen war nicht: „Wie geht es dir?“, sondern: „Was war mit dem Auto?“ Zwei der Jugendlichen, die mir zu Hilfe gekommen sind und dabei auch verletzt wurden, hat die Polizistin im Krankenwagen ebenfalls nur nach dem Auto gefragt.
Wie erklärst du dir das?
Die Jungs, die mir geholfen haben, waren glaube ich aus Afghanistan und Syrien. Zwei meiner Freunde sind auch schwarz. Ich glaube, die Polizistin dachte, wir sind eine große Gruppe. Sie hat erst dann bemerkt, dass wir Österreicher sind. Ich habe ihr das auf Deutsch erklärt, weil das meine Muttersprache ist. Darauf haben die Polizisten sofort mit viel Druck die Jungs befragt, sie sollen endlich zugeben, dass sie den Stein geworfen haben. Die Jungs haben dann in gebrochenem Deutsch gesagt, „Wir haben die Scheibe nicht eingeschlagen.“ Und der Beamte meinte, „Ah, also wisst ihr, was passiert ist.“ Ich finde das schlimm, niemand nahm sie in Schutz.
Wie hat die Polizei später reagiert?
Ich hatte eine Vernehmung wegen der Anzeige gegen mich, die wurde zurückgelegt. Die Täter sind bekannt, das Verfahren beginnt demnächst. Entschuldigt haben sich die Polizisten bis heute nicht. (gun)
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