
Wer soll das bezahlen?
Pandemie, Ukraine-Krieg, Klimaerwärmung – wir erleben Krisen in einer extremen Dichte. Wohlhabende müssen jetzt verstärkt einen Solidarbeitrag leisten, um diese Krisen zu stemmen, ohne unsere Gesellschaft zu zerreißen. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Text: Alexander Pollak
Die Corona-Pandemie hat die Staatsschulden in Österreich enorm anwachsen lassen, auf fast 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Staat hat Menschen und Unternehmen in vielen Fällen vor einem katastrophalen Absturz bewahrt. Nicht immer waren die Maßnahmen sozial gerecht. Ein erheblicher Teil der Pandemie- Ausgaben ist den Wohlhabenderen zugutegekommen und hat so die Schere zwischen arm und reich noch weiter vergrößert.
So hat das von der Arbeiterkammer unterstützte „Momentum Institut“ vorgerechnet, dass 56 Prozent der Corona-Hilfsgelder an die Eigentümer*innen von Unternehmen gingen und nur 34 Prozent an Arbeitnehmer*innen und Familien. Bei den Einnahmen des Staates sieht es genau umgekehrt aus: drei Viertel werden durch Steuern auf Arbeit und Konsum abgedeckt, während Unternehmensgewinne und Vermögenszuwächse nur einen Beitrag von 9 Prozent leisten. Das muss sich ändern. Denn auch Russlands Überfall auf die Ukraine verursacht, neben Leid, Tod, Elend und Zerstörung, auch enorme soziale und wirtschaftliche Kosten. Die Inflation ist sprunghaft angestiegen. Zudem dämpft der Krieg die Wirtschaftsleistung. Die Aufnahme einer großen Anzahl an Geflüchteten verursacht Kosten im Sozial- und Bildungswesen. Hinzu kommt die immer drängendere Klimakrise, die eine kostenintensive Energiewende unumgänglich macht.
Doch wie soll der Staat all das bezahlen? Durch die Inflation und die erhöhten Energiepreise steigt derzeit das Steueraufkommen an. Der Staat kann die Mehreinnahmen bei Bedarf ausschütten, was er auch teilweise tut. Doch mit Fortdauer der Krisen werden diese Einnahmen abnehmen und die Kosten der Krisen können bei weitem nicht mehr abgedeckt werden. Die Gefahr ist groß, dass der Staat in der Folge auf Einsparungen setzt. Diese treffen dann vor allem jene, die ohnehin bereits am Wenigsten haben und sich am wenigsten wehren können.
Angesichts der Inflation sorgt jede Nichterhöhung von Sozialleistungen dafür, dass Menschen, die kein oder nur ein geringes Erwerbs-, Erbschafts- oder Finanzeinkommen haben, noch mehr als bisher ein Angst- und Krisendasein führen müssen. Während jede Einsparung bei der Bildung Gleichberechtigung und Chancen vernichtet.
Was also tun? Die einzige Möglichkeit, die Krisenkosten zu stemmen, ohne zusätzliches Leid zu erzeugen und ohne unsere Gesellschaft zu zerreißen, ist eine Solidarabgabe der Wohlhabenden: dafür braucht es eine Sondersteuer auf hohe Einkommen sowie Erbschaftsund Vermögenssteuern. Es ist nämlich kein Naturgesetz, dass der Staat hohe Einkommen und große Vermögen vor Solidarleistungen schützt, während Menschen mit geringen Mitteln solche erbringen müssen.
Keine Frage, auch Wohlhabende verspüren Schmerz, wenn sie mehr zahlen müssen und dadurch einen geringeren Vermögenszuwachs oder sogar einen Verlust erleiden. Zudem ist das Misstrauen vieler Wohlhabender gegen den Staat und dessen Gebarung groß.
Doch gerade die jetzigen Krisen zeigen, wie wichtig ein solidarisch finanzierter gut ausgestatteter Staat ist. Dieser kann rettend, lenkend und ankurbelnd eingreifen. Und er kann verhindern, dass eine Spirale der Unsicherheit entsteht und antidemokratische Zerstörungs- Parteien durch wachsende soziale Ungleichheit rasanten Zulauf haben.
Deshalb ist es am Ende des Tages auch zum Wohl der Wohlhabenden, wenn sie jetzt einen Krisen-Solidarbeitrag leisten.
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