Wie sicher bin ich hier?
Roma sind auch im 21. Jahrhundert Anfeindungen ausgesetzt. Pastoralreferentin Manuela Horvath über ihre Erfahrungen. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Kommentar: Manuela Horvath
Wie sicher bin ich als Romni in Österreich, wenn im Jahr 2020 ein gewählter steirischer FPÖ-Mandatar ein zutiefst rassistisches Video über campierende Roma in Tulln in sozialen Medien in Umlauf bringt und zustimmend kommentiert? Wie sicher bin ich als Romni in Österreich, wenn im Jahr 2018 ein Mann über eine Gruppe fahrender Roma, die Halt in Oberwart machen, auf Facebook postet: „Also ich bin startklar: wann beginnt die Räumung der französischen Zigeuner?“ Wie sicher bin ich als Romni in Österreich, wenn Plakate und Sprüche mit dem Wortlaut „Roma raus“ und rechtsradikale Symbole sich ausbreiten?
Solche Vorkommnisse sind besorgniserregend. Besonders in sozialen Medien werden diese Verhetzungen oft hundertfach geteilt und um weitere Hasskommentare erweitert. Die Hemmschwelle scheint vor dem Bildschirm zunehmend zu fallen. Rechtsradikale Schmierereien und Menschen abwertende Sprüche im öffentlichen Raum werden von PassantInnen kaum wahrgenommen oder ignoriert.
Die mangelnde Zivilcourage, solche Delikte aufzuzeigen und aktiv dagegen vorzugehen, sind schmerzhafte Erfahrungen, die ich selbst immer wieder machen musste.
Und während ich nun an diesem verregneten Sonntag zu Hause sitze, um diesen Text zu schreiben und zwischendurch nachsehe, was sich auf Facebook Neues tut, springt mir eine erfreuliche Nachricht entgegen. Der beliebte Snack, die „Zigeunerräder“, werden umbenannt. 110 Mal wurde diese Nachricht geteilt und mit mehr als 1.450 Kommentaren versehen. Meine Freude hält aber nicht lange an, denn zu 99 Prozent bestehen diese Kommentare aus Unverständnis und Ärger über die Umbenennung. Genauso beim Posting, dass die „Zigeunersauce“ umbenannt wird. Dass das Wort „Zigeuner“ eine Fremdbezeichnung für Roma ist und oft in Verbindung mit rassistischen Zuschreibungen steht und von Klischees überlagert ist, ist offenbar noch nicht bei allen durchgedrungen.
Eine der Fragen, mit denen ich oft konfrontiert werde, wenn ich jemanden erzähle, dass ich eine Romni bin, ist die Frage nach meiner Wohnsituation. Denn ein weitverbreitetes Klischee ist nach wie vor jenes vom fahrenden Rom. In Europa leben circa 12 Millionen Roma unterschiedlicher Gruppen und nur knapp 5 Prozent davon sind teilweise fahrend.
Aufgewachsen bin ich in einer Romasiedlung in Oberwart im südlichen Burgenland. In einem Haus, gemauert aus Ziegeln, mit Garten und Zaun. Auch die übrigen 17 Häuser dieser kleinen Siedlung standen und stehen nicht auf Rädern sondern auf festem Fundament.
In unmittelbarer Nähe dieser Romasiedlung detonierte im Feber 1995 eine Bombe. Bei diesem rassistisch motivierten Anschlag wurden vier Roma getötet. Damals überwiegte das Entsetzen über diese Tat, doch auch Sprüche wie „es waren ja eh nur vier“ waren an so manchen Stammtischen leider zu hören.
Auch wenn über die letzen 20 Jahre der Rassismus gegenüber meiner Volksgruppe abgenommen hat, werden wir auch weiterhin mit rassistischen Äußerungen zu kämpfen haben. Dies liegt v.a. an einem zu geringen Wissen über die Geschichte der Roma in Österreich. Also werde ich weiterhin mein Bestes tun, um durch unterschiedliche Projekte Aufklärungsarbeit über meine, seit dem 16. Jahrhundert beheimatete Volksgruppe im Burgenland, zu leisten. In der Hoffnung, zu einem Gedankenwandel in der Gesellschaft beizutragen.
ZUR PERSON
Manuela Horvath
Manuela Horvath ist Referatsleiterin der Romapastoral in der Diözese Eisenstadt, Mitglied im Volksgruppenbeirat der Roma und Gemeinderätin (ÖVP) in Oberwart.
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