Anzeige gegen „Aula“-Chefredakteur Pfeiffer wegen Verdachts der NS-Wiederbetätigung
Nach Analyse der „Aula“-Ausgaben der vergangenen zehn Jahre hat SOS Mitmensch Anzeige gegen den bis Juni 2018 verantwortlichen Chefredakteur Martin Pfeiffer wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung erstattet. Der Staatsanwaltschaft Graz wurde eine Sachverhaltsdarstellung mit umfangreichem Belegmaterial übermittelt.
300 Seiten dickes "Aula"-Dossier von SOS Mitmensch mit mehr als 200 Belegartikeln wurde an die Staatsanwaltschaft Graz versendet
Neonazis und Naziideologie wieder salonfähig machen
„Unsere Analyse zeigt, dass die „Aula“ unter der Leitung von Martin Pfeiffer systematisch darauf hingewirkt hat, Neonazis und wesentliche Teile der Naziideologie in Österreich wieder salonfähig zu machen“, erklärt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, den Hintergrund der Anzeige. Das betreffe etwa das Propagieren von Antisemitismus und Herrenrassendenken, die Verteidigung von Holocaustleugner*innen und Neonazis, die Verehrung von Nazikämpfern, die Verunglimpfung von KZ-Überlebenden, die Übernahme von Nazivokabular und das massive Bewerben von antisemitischer und geschichtsrevisionistischer Literatur, so Pollak.
Verunglimpfung von KZ-Überlebenden in der "Aula", Ausgabe Juli/August 2015
Verherrlichung von NS-Symbolik und Loblied auf das von Nationalsozialisten eingeführte Mutterkreuz in der "Aula" - ohne ein einziges kritisches Wort über den Nationalsozialismus, Ausgabe Jänner 2014
"Aula"-Jubelartikel über Nazi-Fliegerhelden, der auch nach 1945 noch im rechtsextremen und neonazistischen Milieu verkehrte, Ausgabe Jänner 2013
Wohlwollendes "Aula"-Gedenken an Mitgründer der später wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbotenen NDP, Ausgabe Oktober 2012
„Aula“ sieht im Neonazi und verurteilten Holocaustleugner Gerd Honsik einen „Dissidenten“, der wegen „Meinungsdelikten“ verurteilt wurde, Ausgabe September 2011
300-Seiten dickes Dossier
Das Dossier, das SOS Mitmensch an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt hat, ist 300 Seiten dick und analysiert mehr als 200 Beiträge, die seit 2008 in der „Aula“ erschienen sind. Verantwortlich für die Gestaltung der „Aula“ war seit 2004 Martin Pfeiffer, der neben seiner publizistischen Tätigkeit FPÖ-Bezirkspolitiker in Graz ist:
- Neonazis als Autoren: Regelmäßig schrieben Vertreter neonazistischer Gruppierungen Beiträge in der „Aula“.
- Warnung vor "Judaisierung der Welt": Unter anderem wurde in der „Aula“ „das Jüdische“ als Gefahr dargestellt und vor der „Judaisierung der Welt“ gewarnt.
- Gegen "Rassenmischung": Menschen mit dunkler Hautfarbe wurden in der "Aula" regelmäßig rassistisch verunglimpft, es wurde vor „Rassenmischung“ gewarnt und Herrenrassendenken vertreten.
- Integration als "Völkermord": Integration wurde als „Völkermord“ bezeichnet.
- Österreich wie eine "Diktatur": Staaten wie Deutschland und Österreich, die Holocaustleugnung strafrechtlich verfolgen, wurden in der "Aula" mehrfach mit Diktaturen gleichgesetzt.
- Geschichtsrevisionismus: Es wurde in Beiträgen geleugnet, dass der Zweite Weltkrieg ursächlich von Nazideutschland begonnen wurde.
- Lob für Nazis, die Nazis blieben: Ehemalige Nazikämpfer erhielten in der "Aula" ein Extralob, wenn sie auch nach 1945 im rechtsextremen und neonazistischen Milieu aktiv blieben.
- Nazivokabular: Es wurde in der "Aula" von „Endlösung“, „totalem Krieg“, „Konzentrationslagern“ und „Vernichtungsfeldzügen“ gesprochen, allerdings nicht um den Nationalsozialismus zu beschreiben, sondern um den Eindruck zu erwecken, die Situation im heutigen Europa und in Israel sei vergleichbar mit der Herrschaft der Nazis.
Antisemitismus, rassistisches Vokabular und die Warnung vor der "Rückkehr des Jüdischen" in der "Aula", Ausgabe März 2014
"Aula" über "Judaisierung der Welt" und den "Antichristen", Ausgabe Dezember 2015
"Jüdische Interessen" als Gegensatz zu "deutschen Interessen" in der "Aula", Ausgabe Oktober 2011
"Aula" gratuliert dem Holocautsleugner David Irving, Ausgabe März 2008
"Aula" zitiert wohlwollend einen Rassisten, der behauptet, dass "die Frau gegenüber dem Mann" und "manche Rassen gegenüber anderen" ein "untergeordneter" bzw. "nachgeordneter Teil" seien, Ausgabe Februar 2017
"Aula" warnt vor "Völkermord" durch "Rassenmischung", Ausgabe Dezember 2015
Bezeichnung von Integration als "Völkermord" in der "Aula", Ausgabe April 2008
Rassistische Verunglimpfung des österreichischen Song-Contest-Teilnehmers in der "Aula", Ausgabe Mai 2018
"Aula" macht Doppelinterview mit Vertreter der neonazistischen NDP und FPÖ-Politiker Johann Gudenus, Ausgabe 2008
Rassistischer "Aula"-Beitrag spricht von "Zigeunerplage" und "chronisch-massivem asozialen Verhalten des 'Fahrenden Volkes'", Ausgabe März 2009
Wiedergabe rassistischer Verschwörungstheorien in der "Aula", Ausgabe Juli 2017
Angst vor der "Abschaffung der Weißen" und der "Schwächung des europiden Elements durch Vermischung" in der "Aula", Ausgabe Oktober 2015
Nichts für Menschen mit schwachem Magen
„Unser Dossier über die „Aula“ ist nichts für Menschen mit einem schwachen Magen. Wir hoffen, dass die Staatsanwaltschaft Graz sich dem Konvolut der von uns analysierten Beiträge eingehend widmet, um dem Verdacht der NS-Wiederbetätigung gewissenhaft nachzugehen“, so Pollak. Pollak verweist darauf, dass Chefredakteur Pfeiffer bis zuletzt an der an Elementen der Naziideologie anknüpfenden Linie des Blattes festgehalten habe.
Langjähriges enges Naheverhältnis der FPÖ-Führung zur "Aula"
Pfeiffer weiterhin für FPÖ aktiv
„Unsere Anzeige ist auch deshalb wichtig, weil Pfeiffer weiterhin politisch und publizistisch aktiv ist. Er ist noch immer FPÖ-Bezirkspolitiker und er schreibt regelmäßig Kolumnen für das Magazin „Info direkt“, das laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes seine Wurzeln im organisierten Neonazismus hat und in dem FPÖ-Obmann Strache, die FPÖ Oberösterreich und die oberösterreichische Landesregierung noch kürzlich inseriert haben“, so Pollak.
Update: Im Sommer 2019 verließ Pfeiffer die FPÖ
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