ÖsterreicherInnen appellieren an Landeshauptmann Josef Pühringer: „Mindestsicherung nicht kürzen!“
In den vergangenen Tagen haben zahlreiche ÖsterreicherInnen, darunter auch ÖVP-Mitglieder, schriftliche Appelle an den oberösterreichischen Landeshauptmann gerichtet. Er solle von einer Kürzung der Mindestsicherung Abstand nehmen. Die SchreiberInnen zeigen sich „erschüttert“ und „entsetzt“ über den „Richtungswechsel“ der Politik und erinnern an die „christlich-sozialen Wurzeln" der ÖVP.
Jetzt ein Schreiben an die Politik richten
Hier eine kleine Auswahl der bisher an Landeshauptmann Josef Pühringer (und in Kopie an SOS Mitmensch) versendeten Schreiben:
„Mindestlohn statt Mindestsicherungskürzung“
„Ich bin mit der ÖVP massiv unzufrieden, weil sie die christlich-sozialen Wurzeln vergisst“, kritisiert etwa Franz Imlinger, seit 45 Jahren ÖVP-Mitglied, die angekündigten Kürzungen für Mindestsicherungsbezieher. „Ich denke, Herr Landeshauptmann, Sie haben insofern Recht, dass der Abstand zwischen Mindestsicherung und unterem Erwerbseinkommen in speziellen Fällen zu klein ist. Generell ist dies aber sicher nicht zutreffend. Diese Diskrepanz ließe sich aber durch einen gesetzlichen Mindestlohn in entsprechender Höhe vermeiden. Dadurch würde Kaufkraft geschaffen und Wirtschaftswachstum generiert und das Steueraufkommen erhöht. Weswegen setzen Sie sich als Vertreter des ÖAAB nicht dafür ein?" fragt Imlinger.
„Wo bleibt christliche Gesinnung?“
Elfriede und Wolfgang Weinmeister bedauern in ihrem Schreiben an Landeshauptmann Pühringer, dass in ihrem Heimatbundesland die Politik „so sehr nach „Rechts“ geht“. „Befürchtet haben wir das, die Geschwindigkeit in der das aber eintritt, erschreckt uns. Niemand von Ihnen, weder Sie noch Ihre Koalitionskollegen haben jemals erlebt, wie man mit einer so kleinen Summe, wie Sie das beschließen wollen (oder schon haben), über die Runden kommt. Es ist schändlich, die Ängste und den Neid der Bevölkerung so zu schüren. Wo bleiben Ihr Rückgrat und Ihre christliche Gesinnung?“, fragen Frau und Herr Weinmeister den oberösterreichischen Landeshauptmann.
„Brüchige Moral“
Johanna Förster zeigt sich erschüttert darüber, „wie schnell eine humanitäre und faire Moral und Haltung in unserem Bundesland brüchig wird“. Die Ankündigung des Landeshauptmanns, die Mindestsicherung für anerkannte Asylwerber zu senken und diese „in ein menschenunwürdiges Dasein zu stürzen“, schockiere sie zutiefst. „Tragen Sie die Verantwortung für die zunehmende Illegalität und das Elend, das diese finanzielle Kürzung für die Schicksale dieser Flüchtlinge und letztlich für unser aller Mitschuld bedeutet?“, so Förster in Richtung Landeshauptmann Josef Pühringer.
„Von 320 Euro kann man nicht leben“
Marietta Wisemair schreibt dem oberösterreichischen Landeshauptmann, dass sie „als gebürtige Oberösterreicherin“ entsetzt darüber sei, welcher Richtungswechsel in der Politik der oberösterreichischen Landesregierung seit der letzten Wahl stattgefunden habe - besonders gegenüber Asylwerbern bzw. Migranten. „Ich bin nicht so blauäugig zu glauben, dass Österreich alle Flüchtlinge dieser Welt aufnehmen kann, aber ich bin sicher, dass wir die in unser Land lassen können und müssen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen und deren Leben bedroht ist. Und dann sind wir verpflichtet, uns anständig um sie zu kümmern. Die 320 Euro, über die laut Medienberichten derzeit in Linz diskutiert wird, sind ein Betrag, von dem man nicht leben kann. Ich appellieren an Sie als Christ und durchsetzungsstarken Politiker, den blauen Vorschlägen in Ihrer Regierung nicht nachzugeben“, so Wisemair.
„Widerspricht sinnvoller Integration“
Für Brigitte Mörwald widerspricht eine radiale Kürzung der Mindestsicherung „jeglicher Menschlichkeit und jeglichem Ansatz von sinnvoller Integration“. „Ihre Vorgehensweise ist menschlich und politisch inakzeptabel“, so Mörwald in Richtung Landeshauptmann Pühringer.
„Menschen Mut machen“
Die in Linz lebende Psychotherapeutin Simone Viertauer appelliert: „Beenden Sie die Kürzungen und machen Sie Menschen Mut. Beenden Sie den Kurs der Feindseligkeit gegenüber Menschen in Not und treten Sie als oberösterreichischer Landeshauptmann für ausreichend Mittel zur kompetenten Integrationsförderung ein.“
Keinen Rückbau des Sozialstaates zulassen
SOS Mitmensch ruft den oberösterreichischen Landeshauptmann dazu auf, den BürgerInnen, die sich gegen einen Rückbau des Sozialstaates aussprechen, Gehör zu schenken. „Sie haben sich selbst kürzlich als sehr sozialen Menschen bezeichnet, Herr Landeshauptmann. Das letzte, was ich als sozialer Mensch tun würde, ist die Unterstützung für Mittellose kürzen“, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Und Pollak weiter: „Die 2010 eingeführte Mindestsicherung hat Österreich in den vergangenen schwierigen Jahren Stabilität gebracht. An diesem Weg der sozialen Stabilität sollten wir festhalten.“
PS: Wenn auch Sie entsetzt über den Vorstoß der oberösterreichischen Landesregierung zur radikalen Kürzung der Mindestsicherung sind, dann richten Sie bitte Ihr kritisches Schreiben an Landeshauptmann Josef Pühringer [email protected] und in Kopie an uns [email protected]
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