SOS Mitmensch-Bericht: FPÖ setzt verstärkt auf antimuslimischen Rassismus
Zum sechsten Mal hat SOS Mitmensch einen Bericht über antimuslimischen Rassismus in der österreichischen Politik herausgebracht. Für das Jahr 2023 wurden 35 Vorfälle dokumentiert, ein Anstieg um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Der Großteil der Fälle betrifft FPÖ-Politiker:innen. Negativer Spitzenreiter ist Parteiobmann Kickl mit 11 Vorfällen. Darüber hinaus werden im Bericht auch Äußerungen der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und des Wiener ÖVP-Obmanns Karl Mahrer angeführt.
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Kickl vervielfachte antimuslimische Social Media Aktivitäten
„Wir beobachten, dass die FPÖ und insbesondere Parteiobmann Herbert Kickl massiv auf das Ausnutzen und Schüren antimuslimischer Ressentiments setzen. Kickls diesbezügliche Social-Media-Aktivitäten haben sich im vergangenen Jahr vervielfacht“, berichtet SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Als „erschreckend“ wertet Pollak, dass Teile der ÖVP versuchen würden, auf diesen Zug mit aufzuspringen. Das trage mit dazu bei, Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft salonfähig zu machen, kritisiert Pollak.
Dichte der Vorfälle hat zugenommen
Nach einem Rückgang im Jahr 2022 hat die Dichte der politischen Vorfälle, die eine antimuslimisch-rassistische Tendenz aufweisen, im Beobachtungszeitraum 2023 wieder deutlich zugenommen. Insgesamt wurden von SOS Mitmensch 35 Vorfälle im Bereich der Spitzenpolitik registriert, was einer Steigerung um mehr als 50 Prozent entspricht. Und das sei nur die Spitze des Eisbergs, so die Menschenrechtsorganisation.
Nach einem Rückgang im Jahr 2022 stiegt die Anzahl antimuslimisch-rassistischer Vorfälle in der Spitzenpolitik im Jahr 2023 wieder deutlich an
Hassvideos und rechtsextreme "Bevölkerungsaustausch"-Rhetorik
Als Beispiel für antimuslimische Agitation nennt der Bericht von SOS Mitmensch etwa ein von FPÖ-Obmann Herbert Kickl auf Social Media verbreitetes Video, das das heutige Österreich als Ort des Grauens darstellt und mittels gezielt verdüsterter Bilder Muslim:innen und Schwarze Menschen als Sündenböcke markiert. Als weitere Beispiele werden Äußerungen der FPÖ-Nationalratsabgeordneten Dagmar Belakowitsch und Susanne Fürst angeführt, die muslimische Schulkinder pauschal als Bedrohung darstellen und sie als „störend“ bzw., gemäß rechtsextremer Ideologie, als Subjekte eines „Bevölkerungsaustausches“ abstempeln.
FPÖ-Obmann Kickl versucht sein Publikum mittels verdüsterter Hassvideos gegen Muslim:innen und PoCs aufzuhetzen
Ausgrenzung von positiven Werten und Generalverdacht
Kritik übt der Bericht auch an Aussagen der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Diese habe ausschließlich Muslim:innen zur Distanzierung von Antisemitismus und Terrorismus aufgerufen und damit „einen Generalverdacht allein aufgrund der Religionszugehörigkeit genährt“. Darüber hinaus habe Mikl-Leitner positive demokratische Werte als ausschließlich „christlich-jüdische Werte“ eingegrenzt und Anders- sowie Nichtgläubige damit von diesen Werten ausgegrenzt, so der Bericht von SOS Mitmensch.
Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner nennt Terror einen Angriff auf ausschließlich "unsere christlich-jüdischen Werte" und fordert ausschließlich Muslim:innen dazu auf, sich von Terror und Antisemitismus zu distanzieren
Geht nicht um legitime Kritik, sondern um kollektive Abstempelung
Die Menschenrechtsorganisation betont, dass es bei den im Bericht dokumentierten Fällen nicht um die legitime kritische Auseinandersetzung mit Religion und einzelnen religiösen Akteur:innen gehe, sondern um die kollektive negative Abstempelung von Menschen allein aufgrund ihrer angenommenen oder tatsächlichen Religionszugehörigkeit.
Erklär-Webseite zu antimuslimischem Rassismus
Um Bewusstsein über das politische Schüren von kollektiven antimuslimischen Ressentiments zu schaffen, hat SOS Mitmensch die Erklär-Webseite antimuslimischer-rassismus.at erstellt. Anhand konkreter Fallbeispiele wird gezeigt, was antimuslimischer Rassismus ist, wie er auftritt, was er anrichtet und worin sich rassistische Aussagen von legitimer Kritik unterscheiden.
Bundesregierung bislang untätig
Von der österreichischen Bundesregierung fordert SOS Mitmensch klare Maßnahmen gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus. So solle dem Beispiel Deutschlands und Norwegens gefolgt und ein Gremium zur Bekämpfung von kollektiver Feindlichkeit gegen Muslim*innen ins Leben gerufen werden. „Es ist ein schwerwiegendes Versäumnis, dass die österreichische Bundesregierung bislang keine einzige Initiative gegen antimuslimischen Rassismus gesetzt hat. Nicht einmal eine von der Regierung anerkannte Definition gibt es bislang“, kritisiert Pollak.
Wichtiger Hinweis: Aus Gründen der Dokumentation, Analyse, Kritik und Bewusstseinsschärfung werden im Bericht und auf der Erklär-Webseite von SOS Mitmensch zu antimuslimischem Rassismus in der österreichischen Politik u.a. rassistische Sujets aus dem Bereich der parteipolitischen Kommunikation abgebildet. Diese Sujets können verletzend und verstörend sein und bilden nicht den tatsächlichen gesellschaftlichen Alltag ab, sondern es handelt sich um manipulative propagandistische Machwerke, die einer rassistischen Ideologie folgen. Diese rassistischen Sujets sind darüber hinaus nicht repräsentativ für das gesamte parteipolitische Spektrum in Österreich, sondern repräsentieren jenen Teil des politischen Spektrums, der rassistische Propaganda als Instrument der rassistischen Ideologisierung, Agitation und Mobilisierung verwendet.
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