Verteidigen wir die Demokratie
HANDLUNGSBEDARF. In einem politischen Entscheidungsjahr muss man Prioritäten setzen. An erster Stelle hat die Verteidigung der Demokratie zu stehen.
Text: Alexander Pollak.
Ein Beitrag im neuen MO - Magazin für Menschenrechte.
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Die Zeiten, in der der Weiterbestand unserer Demokratie in ihrer jetzigen Form Gewissheit war, sind vorbei. Wir erleben weltweit den Aufstieg antidemokratischer Strömungen, die die Demokratie für ihre Zwecke ausnutzen, aber sie zugleich aushöhlen oder ganz beseitigen wollen. Auch in Österreich. Hierzulande führt eine Partei in Umfragen, die tief im verfassungsgefährdenden rechtsextremen Spektrum verankert ist.
Ein von SOS Mitmensch veröffentlichtes Dossier zu den rechtsextremen Verflechtungen der FPÖ zeigt eine enorme Dichte an Kontakt- und Unterstützungspunkten zu rechtsradikalen Szenen im In- und Ausland. Es sind diese radikalen Szenen, die im Schlepptau der FPÖ an wichtige Schaltstellen der politischen Macht zu gelangen drohen – eine Entwicklung, vor der der österreichische Verfassungsschutz ausdrücklich warnt.
Eine Mehrheit der Bevölkerung erkennt inzwischen die rechtsextreme politische Bedrohung. Laut Umfragen sehen 60 Prozent im Rechtsextremismus eine große Gefahr. Die Mehrheit lehnt eine Kanzlerschaft von FPÖ-Obmann Herbert Kickl klar ab. Kickl hat in zahlreichen Reden zum Ausdruck gebracht, wie sehr er einige der zentralen Elemente von Demokratien geringschätzt. So verleugnet er die unerlässliche Pluralität der Parteien, die im Wettbewerb zueinanderstehen. Er bezeichnet alle Parteien, die nicht seine Partei sind, als „Einheitspartei“, als „Allianz der Verrückten“ und als „gleichgeschaltet“. Damit wird das verzerrte Bild von Österreich als einer Nichtdemokratie gezeichnet und der Weg zur Schaffung einer tatsächlichen Nichtdemokratie geebnet, weil die Grenzen zwischen Demokratien und Nichtdemokratien verwischt werden. Auch die Pluralität der Medien verleugnet Kickl. Er bezeichnet Medien pauschal als mit „den Einheitsparteien“ verbundenes „System“. Er spricht von einer „Arbeitsteilung“, bei der „die einen lügen“ und „die anderen diese Lügen widerspruchslos drucken“.
Attackiert werden sogenannte etablierte Medien. Dabei ist es für eine Demokratie unerlässlich, dass es Medien gibt, die sich als seriös und vertrauenswürdig etabliert haben. Wenn stattdessen unseriösen Fake News- und Hass-Medien der Vorzug gegeben wird, gerät die Demokratie ins Wanken. Doch die FPÖ ist sogar eine Stufe weiter: Sie bezeichnet Journalist:innen, die durch kritische Fragen und unabhängige Berichterstattung auffallen, als „Demokratiefeinde“.
Spätestens hier sollten sämtliche Alarmglocken schrillen. Kritisch recherchierende Medienmenschen als Feinde der Demokratie zu markieren, ist ein wesentliches Markenzeichen von Antidemokratien. Bei Kickl kommt als weiteres antidemokratisches Element die totale Herabwürdigung politisch Andersdenkender hinzu, die er als „Verrückte“, „Idioten“, „Stümper“ und „Versager“ bezeichnet. Wer sich gegen seine Ideologie stellt, wird radikal abgewertet. Alarmierend ist zudem, dass Kickl pauschal diskreditierend vom „System“ spricht, das er beseitigen wolle. Die Grundpfeiler unseres politischen Systems sind jedoch die Demokratie und der Rechtsstaat, mit all ihren Stärken, aber auch mit all ihren Unvollkommenheiten und Verbesserungsmöglichkeiten.
Wer nicht konkrete Schwachpunkte verbessern, sondern das gesamte politische System hinwegfegen will, läutet das Ende unserer Demokratie ein. Am 29. September liegt es an uns, jene unterschiedlichen Parteien zu stärken, die für den Fortbestand einer funktionierenden Demokratie eintreten. Und nach der Wahl liegt es an uns, lautstark vom Bundespräsidenten einzufordern, dass er die Regierungsbildung ausschließlich in vertrauenswürdige Hände legt.
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